- Vitos Blog - https://blog.vitos.de -

25 Jahre und kein bisschen leise…

Das Kulturzentrum Eichberg von Vitos Rheingau feiert Jubiläum

Ein viertel Jahrhundert gibt es das Kulturzentrum Eichberg nun bereits. In dieser Zeit hat es sich zu einer echten Institution entwickelt. Der Zugang zu Kultur und die Inklusion, also die Teilhabe und der Abbau von Vorurteilen, stehen dabei im Mittelpunkt. Ob beim Konzert oder Kabarett, im KUZ kommen unsere Klienten und Patienten mit den Menschen aus der Region in Kontakt und erleben gemeinsam Kultur.

Ich möchte diesen Beitrag nutzen, um Ihnen das KUZ, seine Geschichte und seine Highlights der letzten 25 Jahre näherzubringen. Aber natürlich auch, um einen Ausblick zu geben, wie es mit dem Kulturzentrum am Eichberg zukünftig weitergeht. Denn nicht nur wegen seines 25jährigen Jubiläums ist dieses Jahr ein besonderes für das KUZ … es ist auch mein letztes Jahr als Vitos Mitarbeiter.

2016 – Ein besonderes Jahr für das KUZ

Vor 25 Jahren fand das erste Konzert, damals mit der Rockgruppe „Out of Time“, im Garten des KUZ Eichberg statt. Helmut Mair, der Leiter des Ateliers von Vitos Rheingau, hat dazu das erste Plakat gezeichnet. Die Veranstaltung kam bei den Klienten so gut an, dass wir im gleichen Jahr weiter gemacht haben.

Kulturzentrum Eichberg

Kulturzentrum Eichberg

Das KUZ war von Anfang an in die Enthospitalisierung einbezogen, die mit der Umstrukturierung der großen psychiatrischen Krankenhäuser einherging. Als dieser Prozess abgeschlossen war, hat sich das KUZ verändert. Der Café-Betrieb wurde vom Verein Lebensraum übernommen. Das Atelier Vitos Rheingau entstand. Ich habe mich um die Kleinkunstbühne und um eine sozialtherapeutische Struktur der Freizeitangebote, von Karaoke bis Ethno Lounge, gekümmert. Das Motto lautete: „Freizeit von der Krankheit“.

Kultur als Brücke – Inklusion steht im Mittelpunkt

Inklusion bedeutet für das Kulturzentrum Eichberg zunächst, einen Umgang mit Menschen auf Augenhöhe zu pflegen. Wir bieten Strukturen an, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Dazu gehört der Zugang zu Kultur, vor allem auch für ein Klientel, das damit vorher noch nicht so stark in Berührung gekommen ist. So bekommen unsere Klienten bei uns starken Rabatt und Platzreservierungen.

Einfach irre

Einfach irre

Mit unserem Kulturprogramm wollen wir Menschen aus der Region auf den Eichberg locken, die ansonsten nichts mit Psychiatrie zu tun haben. Wir möchten Vorurteile abbauen.  Das tun wir nicht zuletzt, durch unsere offene und lockere Art der Außendarstellung.

Ein viertel Jahrhundert und unzählige Highlights

In 25 Jahren haben wir natürlich eine Menge erlebt. Alles aufzulisten, würde wohl den Rahmen dieses Blogbeitrages sprengen. Deshalb versuche ich, mich kurzzufassen, und liefere Ihnen nun einige Schlagworte und Eckpunkte:

Wir waren alle sehr stolz, als die Stiftung Bürgermut das KUZ 2009 als „Weltbeweger“ zertifizierte. Unser Projekt aus Eltville gehört laut der Stiftung zu den 1.000 besten Bürger-Ideen Deutschlands. Bürgermut hat das KUZ im Rahmen einer bundesweiten Recherche als herausragendes Beispiel für das neue Online-Netzwerk www.weltbeweger.de ausgewählt. Das Netzwerk wird vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ) unterstützt.

Künstlerin Cornelia Trabhardt

Künstlerin Cornelia Trabhardt

Helmut Mair und ich waren in der Anfangsphase am Aufbau des KUZ beteiligt. 2003 wurde das KUZ-Atelier in einem bundesweiten Wettbewerb zum Jahr der Behinderten erfolgreichste Institution. Nach der Enthospitalisierungsphase haben sich KUZ und Atelier spezialisiert. Beide wurden eigenständig. 2005 erhielt Helmut Mair den Kulturpreis des Rheingau-Taunus Kreises. Nicht zuletzt, wegen der erfolgreichen Aufbauarbeit des Ateliers. Mittlerweile nimmt das Atelier sehr erfolgreich an nationalen aber auch internationalen Ausstellungen teil. Viele Preisträger, wie beispielsweise Cornelia Trabhardt, kamen aus Helmut Mairs Schmiede.

Seit 2003 organisiert der Verein Lebensraum [1] das „Café im KUZ“. Das Café ist Treffpunkt für Besucher, Klienten und alle anderen. Im Café werden für Klienten, die vom Lebensraum betreut werden, Arbeitsplätze vorgehalten. Erfolgreiche Inklusion steht auch hier im Mittelpunkt!

Anfangs trug der Verein den Namen “Hilfsverein für seelisch Kranke Eichberg e.V.”. Die zentrale Aufgabe des Vereins war es bis zum Jahr 1986 durch Einnahmen, wie Mitgliedsbeiträge oder Spenden, den Patienten des PKH Eichberg Freizeitaktivitäten (mit-)zufinanzieren.

Seit 1986 übernimmt der Verein neue Aufgaben. Nun liegt sein Hauptaugenmerk auf der Betreuung seelisch behinderter Menschen außerhalb des Krankenhauses.

Voraussetzung dafür, sind die beiden Projekte “Betreutes Wohnen” und “Berufsbegleitender Dienst”. Doch ein Baustein in der gemeindepsychiatrischen Versorgung fehlte noch. Die Tagesstätte wurde 1997 eröffnet. Die Trägerschaft der Psychosozialen Kontakt und Beratungsstelle wechselte 2006 zum Lebensraum. Damit erfüllt der Verein die Funktion eines Psychosozialen Zentrums.

Ein ehrenamtlicher Vorstand leitet den Verein, der inzwischen den Namen Lebensraum Rheingau-Taunus e. V. [1] angenommen hat. Hauptamtliche Mitarbeiter tragen die Arbeit in den einzelnen Projekten und in der Verwaltung des Lebensraums.

Dikada

Dikada

Highlights in den vergangenen 25 Jahren waren für mich oftmals auch Künstler die nicht so bekannt sind. Sehr beeindruckt, haben mich zum Beispiel die Clowns Leo Bassi und Jango Edwards, Balurath mit ihrer schottischen Folkmusik, die Worlmusic aus Polen von Dikanda und mein kürzlich verstorbener Freund und Gitarren-Guru Werner Lämmerhirt.

Mundstuhl

Mundstuhl

Genauso nennen, möchte ich natürlich auch Namen, die uns in der Region bekannt gemacht haben: Konstantin Wecker, Georg Danzer, Hannes Wader, Toni Sheridan (war mal bei den Beatles), Bettina Wegner, Sissi Perlinger, Gaby Köster, Sven Hieronymus, Franz Josef Degenhardt, David Knopfler (ex Dire Straits), Martin Schneider, Mundstuhl, Badesalz, Joy Fleming, Brings,   und … und … und …

Herzblut und Begeisterung

Ich bin der Klinik auf dem Eichberg dankbar, dass wir diesen Freiraum erhalten haben. Nur so konnten sich Institutionen wie das KUZ, aber auch das Atelier, erfolgreich entwickeln.

Stets volles Haus

Stets volles Haus

Natürlich steckt im KUZ auch mein Herzblut und wie heißt es so schön „Alles kommt zu dem, der warten kann“. Glücklich bin ich in meinem Beruf vor allem dann, wenn nach einer Veranstaltung alle restlos begeistert sind, die Gäste genauso, wie meine Crew und ich. Und das ist fast bei jeder Veranstaltung so.

Und wie geht es weiter?

Das KUZ ist ab Januar 2017 quasi outgesourct. Mit zwei Kollegen habe ich eine Gesellschaft gegründet, die das KUZ Eichberg weiterführen wird. Dabei werden wir von der Vitos Rheingau gGmbH unterstützt.

Zukünftig sind wir nur noch zu dritt, Patrick Helbach, mein Sohn Moritz Scheurenbrand und ich. Ansonsten ändert sich erst mal nicht viel. Wir haben ein Programm für 2017 zusammengestellt, das genau so hochwertig ist, wie alle anderen zuvor. Wir wollen unser Angebot verjüngen und unsere Kompetenz für Worldmusic und Kabarett stärken. Deshalb werden wir öfter junge Künstler aus dem Ausland einladen und auch an der Bewirtung für unsere Besucher basteln. Schließlich ist es heute das Gesamterlebnis, das ein Event ausmacht.

…und solange wir das Ziel einer vorurteilslosen Gesellschaft nicht erreicht haben, kommen unsere Klienten weiter auf ihr Recht. Alles im Sinne der „Unterhaltung mit Haltung“.