- Vitos Blog - https://blog.vitos.de -

Die psychiatrische Tagesklinik

Bei Tageskliniken spricht man oft auch von einer Klinik ohne Betten. Sie sind inzwischen ein etablierter Teil der psychiatrischen Versorgung und tragen dazu bei, Menschen mit psychischen Erkrankungen die größtmögliche Normalität und Eigenständigkeit zu bieten. Mit ihrem Behandlungsangebot sprechen sie psychisch Erkrankte an, die keine Betreuung rund um die Uhr benötigen, eine ambulante Behandlung jedoch zu kurz greifen würde. Dr. Barbara Bornheimer ist leitende Ärztin der Vitos Klinik Bamberger Hof, zu der auch die Vitos psychiatrische Tagesklinik Frankfurt gehört. Im Interview erzählt sie, wie die Behandlung in einer Tagesklinik abläuft und für wen sie sich eignet.

Julia König: Wer wird in einer psychiatrischen Tagesklinik behandelt?                     Dr. Barbara Bornheimer: In einer psychiatrischen Tagesklinik werden alle psychischen Störungen, in der Regel mit Ausnahme von Suchterkrankungen behandelt. Die psychiatrische Tagesklinik eignet sich besonders für Patienten, die aufgrund ihrer Erkrankung Schwierigkeiten haben, ihren Tag selbst zu strukturieren und zu gestalten. Im Unterschied zur vollstationären Behandlung können die Patienten ihren Abend und ihr Wochenende im gewohnten häuslichen Umfeld verbringen. Dadurch können sie z. B. Dinge, die sie in der Tagesklinik lernen, direkt erproben und umsetzen. Eine Behandlung in einer Tagesklinik ist jedoch noch deutlich intensiver als eine ambulante Behandlung. Die ambulante Behandlung ist in der Frequenz viel geringer. Tagesklinische Patienten kommen über den Behandlungszeitraum von sechs bis acht Wochen täglich.

Julia König: Was ist das Besondere an einer tagesklinischen Behandlung?
Dr. Barbara Bornheimer: Das Besondere an der psychiatrischen tagesklinischen Behandlung ist, dass die Patienten sich in einer Gruppe erleben können. Manchmal wird diese Gruppe auch zu einer „Ersatzfamilie“. Hier kann man ausprobieren, mit anderen in Kontakt zu kommen und zu sprechen. Der Schwerpunkt der Behandlung in der Tagesklinik sind die Gruppenangebote. Diese sind in der Regel sehr vielfältig. Es gibt inhaltliche Gruppen zu Krankheitsbildern, zu Psychoedukation. Es gibt Ergotherapie, wo man verschiedene Techniken und Fertigkeiten ausprobieren kann. In vielen Tageskliniken werden auch Bewegungstherapie, Kunsttherapie und störungsspezifische Gruppen angeboten.

Julia König: Welche Formen tagesklinischer Behandlung gibt es?
Dr. Barbara Bornheimer: Tageskliniken haben unterschiedliche Schwerpunkte. Manche werden als sogenannte Akuttageskliniken geführt. Hier sind akut- und schwererkrankte Patienten in Behandlung. Ein besonderes Angebot ist, wie z. B. in der Vitos Klinik Bamberger Hof in Frankfurt, die Mutter-Kind-Tagesklinik. Hier werden psychisch kranke Mütter zusammen mit ihren Babys aufgenommen, ähnlich einer vollstationären Mutter-Kind-Behandlung. Es gibt auch störungsspezifische tagesklinische Angebote, z. B. für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Des Weiteren gibt es auch in der Psychosomatik tagesklinische Behandlungen.

Julia König: Wie werde ich in eine Tagesklinik aufgenommen?
Dr. Barbara Bornheimer: Einige Patienten werden von ihrem Hausarzt oder einem niedergelassenen Facharzt in die Tagesklinik überwiesen. Andere waren zuvor in einer psychiatrischen Institutsambulanz oder einer psychiatrischen Klinik. Es gibt aber auch die Möglichkeit sich direkt an die Tagesklinik zu wenden. Vor der Behandlung in der Vitos Klinik Bamberger Hof in Frankfurt führen wir in der Regel ein Vorgespräch mit den Patienten. Hier stellen wir das Angebot vor. Wir schauen uns das Krankheitsbild des Patienten oder der Patientin an und klären ab, ob diese Form der Behandlung sinnvoll und richtig ist.

Julia König: Wie verläuft die Behandlung in einer psychiatrischen Tagesklinik?
Dr. Barbara Bornheimer: Die Patienten in der psychiatrischen Tagesklinik erhalten einen Wochenplan. Hier sind alle Gruppenangebote eingetragen. Gemeinsam mit den Patienten überlegen wir, welche Gruppenangebote für sie geeignet sind oder wie viele sie davon auch wahrnehmen können. Daneben gibt es ärztliche und psychologische Einzelgespräche und auch Einzelgespräche mit den Pflegenden. Nach entsprechender Diagnostik führen wir auch eine medikamentöse Therapie durch. Laboruntersuchungen und EKG, sowie sozialdienstliche Beratungen gehören ebenfalls zur tagesklinischen Behandlung. Die sozialdienstliche Beratung kann Unterstützung bei der Wiederaufnahme der Arbeit oder die berufliche Planung beinhalten. In einer Tagesklinik wird man von verschiedenen Berufsgruppen betreut. Die Behandler sind Ärzte und psychologische Psychotherapeuten. Dann gibt es die Therapeuten der verschiedenen Bereiche, also Ergotherapeuten, Sporttherapeuten und je nach Angebot weitere therapeutische Mitarbeiter und natürlich auch die Pflegenden, die die Ansprechpartner für die Patienten sind.

Julia König: Wie lange dauert eine Behandlung und wie geht es weiter?
Dr. Barbara Bornheimer: Eine tagesklinische Behandlung dauert in der Regel sechs bis acht Wochen. Patienten, die vorher in ambulanter Behandlung bei einem niedergelassenen Psychiater waren, werden dort weiter behandelt. Patienten, die vorher in der psychiatrischen Ambulanz in Behandlung waren oder keinen Psychiater hatten, werden häufig in der Ambulanz weiterbehandelt. Oft können die Patienten auch weiterhin ambulante Gruppen besuchen. Wir klären vor der Entlassung ab, welche Unterstützung notwendig ist.