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Ehrenamt in Griechenland. Ein Reisebericht.

Seit 2014 reisen wir immer wieder nach Griechenland, um im Bereich der mobilen Pflege zu beraten und Fortbildungen zum Thema palliative Pflege anzubieten. Auch dieses Mal wurden wir wieder mit so viel Herzlichkeit empfangen, dass wir wissen, warum wir unseren Urlaub dafür nutzen, um auch in unserer Freizeit zu helfen.

Wir helfen, wo wir gebraucht werden. Vor Ort.

Im Dezember 2013 erhielt ich eine Anfrage zweier Personen, die sich in Griechenland sozial-diakonisch engagieren, ob ich bereit wäre, die Installation mobiler Pflege beratend zu unterstützen. Seit September 2014 nehme ich diese und andere Aufgaben, wie Fortbildungen, Mitwirkung an der Entwicklung eines Netzwerks für palliative Pflege u. a. im Auftrag der Auslandshilfe des Bundes Freier evangelischer Gemeinden Deutschlands (FeG) wahr. Seit Mai bzw. Juni 2015 bin ich hier gemeinsam mit meiner Ehefrau Christiane tätig.

Unsere Liebe zu Land und Leuten
Blick auf die Akropolis im Vordergrund Plaka die Athener Altstadt [1]

Blick auf die Akropolis: Im Vordergrund „Plaka“ die Athener Altstadt.

Der Auslöser für die Übernahme der Aufgaben liegt zum einen in einer großen Liebe zu Land und Leuten. Zum anderen haben meine Frau und ich durch zahlreiche persönliche Kontakte eine differenzierte Sicht auf die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise für die griechischen Normalbürger gewonnen.

25 Prozent der Griechen leben unterhalb der Armutsgrenze

Letztere sind gekennzeichnet durch eine eklatante, von Politik, Banken und Wirtschaftsinstitutionen weitgehend ignorierte, soziale Verarmung der Bevölkerung. Rund 25 Prozent der Griechen leben unterhalb der Armutsgrenze. Ein vergleichbares soziales Netz, wie hier in Deutschland, existierte in Griechenland nie. Die bestehenden Angebote sind in den letzten Jahren fast komplett weggebrochen. Private Initiativen sind bislang sehr überschaubar und wenn, auf die unterschiedlichsten kirchlichen Träger beschränkt.

Über Pfingsten nach Athen

Unsere letzte Griechenlandreise traten wir über Pfingsten an. Wir flogen am 22. Mai von Düsseldorf nach Athen. Wir wurden von einem Mitarbeiter des Altenpflege- und Wohnheims „Haus Lois“ am Flughafen Venizelos abgeholt. Unsere Unterkunft bestand aus einem einfachen aber wohnlichen Zimmer im Gebäudekomplex des Heims.

Mobile Pflege

Am folgenden Tag fand nachmittags eine erste Informationsveranstaltung statt. Thema war die „Mobile Pflege in Athen“. Rund 25 Interessierte informierten sich hier über die Beweggründe und Ziele der Maßnahme, einige Grundlagen pflegerischen Selbstverständnisses und die curricularen Rahmenbedingungen. Derzeit liegt der geplante Start der Ausbildung von interessierten Freiwilligen im Frühjahr 2016.

Mitarbeiter für die mobile Pflege
Selbsterfahrung Simulation der Immobilität [2]

Selbsterfahrung: Simulation der Immobilität.

Da finanzielle Mittel bekanntermaßen sehr knapp sind, richtet sich die Initiative zunächst an Freiwillige. Eine Ausnahme bildet die Einstellung einer professionellen Pflegekraft, die für den Aufbau- und die Organisation erforderlicher Strukturen sowie die Koordination der beteiligten Personen- und Berufsgruppen zuständig ist. Hierfür müssen noch Gelder generiert werden.
Die derzeit kalkulierte Summe liegt bei ca. 20.000 €/Jahr.

Unsere Veranstaltung: Palliative Pflege

Am Montag starteten dann die Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Palliative Pflege. Diese wurden aus Rücksicht auf das Schichtsystem der Pflegenden morgens und nachmittags angeboten. Die Inhalte waren: Bestimmung des Begriffs Palliative Pflege, Ziele und Prioritäten, Bedeutung der Individualität in der Palliativen Pflege, ein Workshop zu Selbsterfahrung und Basaler Stimulation sowie Kommunikation unter den Bedingungen des letzten Lebensabschnitts.

Fortbildung auf Englisch und Griechisch

Zwei der insgesamt acht Veranstaltungen wurden von einer Mitarbeiterin des Hauses von Deutsch ins Griechische übersetzt. Ansonsten war die Unterrichtssprache Englisch und die Übersetzungen ins Griechische wurden von freiwilligen Mitarbeitern übernommen.

Die Teilnehmer
Eine der Teilnehmergruppen [3]

Eine der Teilnehmergruppen.

Die Teilnehmer waren Beschäftigten des Altenpflege- und Wohnheims sowie eine stattliche Anzahl von Personen aus anderen Einrichtungen (Kliniken, Heimen). Unsere Veranstaltungen wurden täglich von 35 bis 40 Personen besucht.

Erste Ergebnisse …

Das vorläufige Ergebnis unserer Arbeit ist eine Sensibilisierung der Teilnehmer für das Thema Palliative Pflege als Konzept der Betreuung von Menschen im letzten Abschnitt ihres Lebens. Auf diese Weise durften wir zur stärkeren Verankerung im Bewusstsein der Teilnehmer beitragen. Meine Frau und ich haben sehr viel Dankbarkeit und reges fachliches Interesse erfahren. Zuletzt erreichte uns noch vor Ort die Anfrage einer weiteren Athener Einrichtung, ob wir bereit seien, auch dort die Veranstaltung anzubieten.

… und weitere Visionen

Eine weitere ähnlich gerichtete Initiative geht seit Kurzem von der evangelischen Kirche in Athen aus. Wir konnten erste Kontakte zu Verantwortlichen knüpfen und möchten künftig dazu beitragen, ein regionales Netzwerk aufzubauen. Im Laufe des Besuchs gewannen unsere griechischen Partner die Einsicht, dass auch die Idee zur Gründung eines stationären Hospizes -es wäre das erste dieser Art in Griechenland- sehr interessant und überlegenswert sei. Somit ist auch diese Vision künftig präsent. Allerdings ist der zeitliche Aufwand erheblich. Da uns bislang lediglich unsere Urlaubszeiten zur Verfügung stehen, werden wir schauen müssen, wie sich die künftige Zusammenarbeit gestalten lässt.

Wirtschaftliche Zwänge scheinen hier keine Rolle zu spielen

Besonders in Erinnerung wird uns von unserer letzten Reise die Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und die herzliche Dankbarkeit der Teilnehmer bleiben. In Verbindung mit der Bitte wiederzukommen und noch mehr zu unterrichten, hat dies bei uns einen starken Eindruck hinterlassen. Getoppt wird dies nur durch die erlebbare, liebevolle und individuelle Fürsorge gegenüber den alten Menschen im Heim. Obwohl ständig präsent, spielten die wirtschaftlichen Zwänge an dieser Stelle offenbar keine Rolle.

Wir sind prädestiniert, zu leben, wie wir leben

Wir fühlen uns immer wieder neu angeregt, über unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen zu reflektieren. Wir leben und arbeiten in einem Land mit Wohlstand für die meisten Bürger und einem funktionierenden sozialen Netz. Als Christen und gut ausgebildeter Fachkräfte haben wir den Wunsch, uns zum Wohl einer kleinen Gruppe griechischer Bürger zu engagieren, um ein wenig zur Linderung der schlechten Lebensumstände vieler Menschen dort beizutragen.

Es gäbe noch manches zu sagen. Wir denken jedoch, dass dies hier nicht der Ort für sozialpolitische oder wirtschaftspolitische Debatten ist.