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Schmerzen – Warum gerade ich?

Diese Frage im Zusammenhang mit Schmerzen stellen mir meine Patienten immer wieder. Das ist ja auch verständlich, zumal Krankheit und insbesondere Schmerz jahrhundertelang mit Schuld und Strafe verknüpft waren. Man hatte etwas Schlimmes getan und die Strafe folgte auf dem Fuße – leider auch oft mit einer spirituellen Verknüpfung, die sich durch alle religiösen Vorstellungen dieser Welt zieht. Da hat man dann ordentlich sein Fett wegbekommen!

Schuld- und Strafvorstellungen haften wie Pech und Schwefel an den Emotionen

Die heutigen Vorstellungen zu Krankheitsursachen sind zwar grundlegend erweitert worden, dennoch haften die Schuld- und Strafvorstellungen wie Pech und Schwefel in unseren Emotionen. Ich habe die Waschmaschine für den Kumpel in den 3. Stock geschleppt und jetzt habe ich einen Bandscheibenvorfall. Klare Ursache-Wirkungsbeziehung, oder? Eigentlich müsste die Schlussfolgerung aber weitreichender sein. Ich gehöre zu den leistungsorientierten und stets hilfsbereiten Menschen und übergehe permanent und dauerhaft meine eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten. Daher schleppe ich die Waschmaschine, obwohl der Rücken vorher schon gemeckert hat, und ärgere mich auch noch über das monsterschwere Ding. Und am nächsten Tag kann ich mich nicht mehr bewegen.

Rückenschmerzpatienten – leistungsorientierte und aufopferungsvolle Charaktere

Dies zieht sich wie ein roter Faden bei allen Menschen mit unspezifischen Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfällen durch die Biografie. Ich habe noch nie einen Rückenschmerzpatienten behandeln müssen, der vom Charakter eher phlegmatisch und nachlässig ist, der lieber morgen als heute die Dinge erledigt, der Andere für sich arbeiten lässt und selber die Füße hochlegt. Habe ich noch nie gesehen! Es sind immer die Gleichen, die Rückenschmerzen haben. Immer die Leistungsorientierten, Tüchtigen, die, die die Eltern, Schwiegereltern und Nachbarn pflegen, die im Verein Verantwortung übernehmen und den Kuchen für das nächste Feuerwehrfest backen.

Ein Plädoyer für die Selbstfürsorge

Grundsätzlich sind dies alles wichtige soziale Eigenschaften und ich plädiere keinesfalls dafür, alles dies sein zu lassen. Aber eine Portion Selbstfürsorge, ein Erkennen eigener Grenzen und Bedürfnisse, die Abgrenzung gegen Überforderung – das sind wichtige Dinge, die ebenso wie Altruismus zum Leben dazugehören. Und vor allen Dingen eine Prävention gegen erneute Rückenschmerzen darstellen.