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Alexithymie

Alexithymie

6. Januar 2021

Wenn die Worte für Gefühle fehlen

Wie fühlst du dich? Eigentlich eine einfache Frage oder? Die Antwort darauf fällt aber nicht jedem leicht. Denn manche Menschen können ihre Gefühle nicht wahrnehmen oder in Worte fassen. Der Fachbegriff dafür ist Alexithymie. Was sich dahinter verbirgt und wie man den Zugang zu seinen Gefühlen finden kann, erklären Elke Röming und Janine Hillmann. Frau Röming ist Klinikdirektorin der Vitos Klinik für Psychosomatik Herborn und Frau Hillmann arbeitet dort als psychologische Psychotherapeutin.

Wie eine Eisprinzessin?

Als die 38-jährige Marie in der Vitos Klinik für Psychosomatik Herborn das erste Gespräch mit ihrer Psychotherapeutin führte, fragte diese sie, welche Gefühle sie im Moment am meisten belasten. Daraufhin berichtete sie sehr sachlich, detailliert und ausführlich von ihrem starken Stress am Arbeitsplatz, dem häufig unlogischen Vorgehen ihrer Kollegen sowie den zunehmenden körperlichen Erkrankungen ihrer Eltern, was wiederum viel Unterstützung und Organisationstalent ihrerseits erfordere. Dabei seien eigentlich ihre momentan größten Probleme der ständig hohe Blutdruck, das häufige Herzrasen und diese quälenden Magen-Darm-Beschwerden. Außerdem schilderte sie zunehmende Konflikte mit ihrem Ehemann, der ihr schon oft vorgehalten habe, sie sei „wie eine Eisprinzessin, ganz gefühlskalt“. Auf die wiederholte Frage, welche belastenden Gefühle sie gegenwärtig erlebe, antwortete Marie: „Das weiß ich gar nicht, mir geht es einfach nur sehr schlecht.“ Im Verlauf der Therapie lernte sie, dass sie alexithyme Anteile aufwies und wie sie damit umgehen kann.

Was bedeutet Alexithymie überhaupt?

Alexithymie ist keine psychische Erkrankung, sondern wird nach heutigem Kenntnisstand als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet. Es handelt sich um die Schwierigkeit oder gar die Unfähigkeit, eigene Gefühle wahrzunehmen und mit Worten beschreiben zu können. Manchmal wird auch von „Gefühlsblindheit“ gesprochen. Neben Schwierigkeiten, eigene Gefühle identifizieren und benennen zu können, kann die Schwierigkeit, Signale für Gefühle anderer Menschen wahrzunehmen, auch ein Hinweis auf Alexithymie sein. Die Neigung zu sehr sachlichen Schilderungen wie im Fall von Marie, ein eingeschränktes Fantasieerleben und Probleme dabei, Zusammenhänge zwischen Körpersymptomen (z. B. Herzrasen) und Gefühlen (z. B. Angst) herzustellen, treten ebenfalls häufig bei alexithymen Personen auf.

Gefühlsblindheit heißt aber nicht, dass Betroffene gar nichts fühlen. Wie bei vielem im Leben gibt es auch bei Alexithymie zwei Seiten der Medaille. Einerseits berichten Betroffene, dass sie in schwierigen Situationen besser als viele andere einen kühlen Kopf bewahren können und weniger in Gefühlsverwirrung verfallen. Viele führen ein „normales“ und erfolgreiches Leben. Anderseits kann es passieren, dass es alexithyme Menschen in akuten Belastungssituationen schwerer fällt, eigene Emotionen zu regulieren, es nicht selten zu heftigen, scheinbar nicht nachvollziehbaren Gefühlsausbrüchen kommt und dies wiederum psychisches Leid verursachen kann.

Welche Rolle spielt Alexithymie in der Psychosomatik?

In unserer Vitos Klinik für Psychosomatik Herborn behandeln wir sogenannte somatoforme Störungen sehr häufig. Bei diesen Erkrankungen kann man trotz vielfältigen diagnostischen Verfahren keine ausreichenden organischen Ursachen für körperliche Beschwerden wie Bluthochdruck, Magen-Darm- und Herzbeschwerden, Atemnot sowie chronische Schmerzen finden. Dennoch haben die Betroffenen einen sehr hohen Leidensdruck. Ihr körperliches Unwohlsein oder Schmerzen machen es unmöglich, den Aktivitäten des täglichen Lebens mit Elan und Freude nachzugehen. Gefühle spiegeln sich in nur geringer emotionaler Ausdrucksfähigkeit. Diese alexithym genannten Persönlichkeitszüge fördern die Tendenz, gefühlsmäßige Phänomene als körperliche Beschwerden fehl zu deuten. Übelkeit und Herzklopfen werden nicht als Ausdruck von Angst erkannt, sondern rein körperlich wahrgenommen. Peter E. Sifneos, ein amerikanischer Psychiater, hat 1972 in seinem Alexithymiekonstrukt beschrieben, wie über Fehldeutung und hohe Selbstaufmerksamkeit ein Teufelskreis mit Intensivierung körperlicher Symptome angestoßen werden kann.

Psychosomatische Fachärzt/-innen und Psychotherapeut/-innen sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer „Somatisierung“. Das heißt die Betroffenen kontrollieren und verdrängen negative Gefühle. Sie übertragen Emotionen wie Angst, Ärger und Schuld unbewusst auf den Körper oder einzelne Organe.

Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen: Der Körper spricht stellvertretend für die Seele, indem sie sich mit verschiedenen körperlichen Symptomen bemerkbar macht.

Ist Alexithymie eine Einbahnstraße?

Die Alexithymie wird als Persönlichkeitsmerkmal aufgefasst. Es ist aber nicht starr und für den Rest des Lebens zutiefst und absolut in einem Menschen verankert. Durch Lernen und persönliche Weiterentwicklung kann man es verändern.

Wenn im Rahmen einer psychosomatischen Behandlung deutlich wird, dass Patientinnen wie Marie starke Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung und dem Ausdruck eigener Gefühle haben, können sie während der Therapie lernen und üben, die hinter den körperlichen Symptomen liegenden Gefühlsregungen wahrzunehmen und Emotionen zu erkennen. Es geht darum, den Körper als Signalgeber für innere Konflikte und Gefühle verstehen zu lernen. Wir unterstützen unsere Patientinnen und Patienten dabei, wieder Worte für ihr inneres Erleben zu finden und beispielsweise Freude, Trauer, Ohnmacht, Wut sowie Angst zu unterscheiden.

Die Patienten lernen, ihren Mitmenschen gegenüber ihre Gefühle, die dahinterstehenden Bedürfnisse und Wünsche (z. B. nach Zuwendung und Unterstützung, Sicherheit, Ruhe und Erholung) und Belastungsgrenzen angemessen auszudrücken. Oft verbessert sich im Verlauf einer Behandlung die Selbstwahrnehmung. Dies hat wiederum zur Folge, dass Patient/-innen zu vermehrter Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit finden können. Ebenso verbessern sich häufig ihre Kommunikations-, Konflikt- und Beziehungsfähigkeit. Somit stauen sich unerkannte Gefühle in Verbindung mit Problemen und Konflikten nicht mehr so stark auf. Psychosomatische Beschwerden treten weniger auf. Betroffene erleben Beziehungen zu anderen Menschen als weniger stark belastet.

Im Falle von Marie bedeutete dies am Ende ihrer vollstationären psychosomatischen Behandlung, dass sie lernte, sich sowohl am Arbeitsplatz als auch ihren Eltern gegenüber besser abzugrenzen beziehungsweise sich Hilfe einzufordern. Sie lernte, sich mit ihrem Ehemann mehr darüber auszutauschen, wie es ihr mit Belastungen emotional geht und was sie grade benötigt, um sich besser zu fühlen. Der Blutdruck normalisierte sich, das Herzrasen und die Magen-Darm-Beschwerden traten kaum noch auf. Und wenn die Beschwerden doch mal wieder vorkamen, konnte Marie sie mehr denn je zuvor als körperliche Signale für ihre innere Gefühlswelt deuten.

 

Weitere Blog-Artikel der Autorinnen sind:

Herausforderung Erwachsenwerden

Körperdysmorphe Störungen

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Autor/in Elke Roeming und Janine Hillmann

Elke Theresia Röming, Klinikdirektorin der Vitos Klinik für Psychosomatik Herborn, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Psychiatrie - Psychotherapie - Analytische und systemische Paar- und Familientherapeutin, Akupunktur-Therapeutin und Yogatherapeutin. Schwerpunkte der psychosomatischen Behandlung: Chronische Schmerzstörungen, Somatisierungsstörungen, Folgestörungen von komplexen Traumafolgestörungen, Burn-out und Stresserkrankungen; multimodale verbale und körperbezogene Therapien unter dem Einschluss von Akupunktur, Atemtherapie, Achtsamkeits- und Meditationsübungen; systemische und analytische Gruppentherapien; spezielles Verfahren: EmoRY - Emotionale Regulation und Yogatherapie. Spezialisierung auf die psychosomatische und psychotherapeutische Arbeit mit jungen Erwachsenen in prolongierten Adoleszenzkrisen (Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter 18.-29. Lebensjahr). Janine Hillmann, M. Sc. Psych., Psychologische Psychotherapeutin, Approbation in Verhaltenstherapie, eingebunden und fallverantwortlich tätig in genannten Therapieverfahren und Diagnosespektren, offen für Schulen übergreifende Verfahren und engagiert im Aufbau unserer psychosomatischen Ambulanz.

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2 Kommentare Kommentieren
  1. Gerhard Evers am 6. Januar 2021 um 9:55

    Danke für die interessanten Ausführungen, die richtigerweise die Situation aus Sicht der Betroffenen schildern.
    Was bedeutet dies allerdings ihre Beziehungen beruflich und privat (z.B. gegenüber eigenen Kindern und7oder den Ehepartnern).
    Alexithymie ist , so wie es verstanden habe, ich-syston, das bedeutet, ähnlich wie bei anderen psychsich bedingten Beziehungsstörungen, z.b. Narzissmus leidet oft erstmal nicht der/die Betroffene, sondern Dritte aus dem persönlichen Umfeld. Was nach meiner Erfahrung auch zu starken psychischen Beeinträchtigungen und Trennungen führen kann.
    Gibt es hierzu Untersuchungen, Empfehlungen, Artikel? Beste Grüsse Gerhard Evers

    Antworten
  2. Vitos Blog am 15. Januar 2021 um 7:27

    Sehr geehrter Herr Evers,

    wir freuen uns, dass unser Blog-Beitrag auf Ihr Interesse gestoßen ist und Sie zum Stellen von Fragen angeregt hat.

    Bei der Alexithymie kann man tatsächlich von einer Ich-Syntonie ausgehen, so dass viele betroffene Personen ihre sogenannte „Gefühlsblindheit“ zunächst kaum als störend wahrnehmen und wenig Leidensdruck verspüren, sondern diese als zu ihrer Persönlichkeit dazu gehörig erleben. Wie in unserem Betrag geschrieben, kann es aber zu Emotionsregulationsschwierigkeiten, Gefühlsausbrüchen und auf Dauer zur Entwicklung somatoformer Störungen im Zusammenhang mit Problemen und Konflikten im Alltag kommen. Dann entsteht sehr wohl psychisches Leid. Finden Betroffene den Weg in die Therapie, besteht eine gute Chance, die hinter den Symptomen liegenden alexiythmen Anteile gemeinsam aufzudecken und, wie oben beschrieben, zu verändern.

    Natürlich zeigt auch unsere Erfahrung, dass einige von unseren Patienten, die selbst nicht alexithyme Persönlichkeitszüge aufweisen und wegen anderer Beschwerden in psychosomatischer Behandlung sind, von Partnern oder Verwandten berichten, die scheinbar alexithyme Merkmale aufweisen. Häufig wird dann davon berichtet, dass der Partner/Angehörige wenige Gefühlsregungen in Gesprächen zeigt, man sich von diesem nicht gesehen und verstanden fühlt, der andere desinteressiert wirkt, es zu Konflikten kommt und ggf. die Beziehung als nicht erfüllend bzw. gestört erlebt wird. Der Fokus der Therapie bleibt dann weiterhin auf dem Patienten bei uns.
    Wir stellen natürlich auch keine „Ferndiagnose“ für Partner/Verwandte, zumal es bei der Alexithymie nicht um eine psychische Erkrankung geht.
    Es kann sich aber dennoch als hilfreich erweisen, Patienten dabei zu unterstützen, Empathie und Geduld für Partner/Angehörige mit vermeintlich alexithymen Anteilen aufzubringen, keinen Druck zu erzeugen und das Verhalten des anderen nicht persönlich zu nehmen. Denn das Gegenüber reagiert nicht böswillig „gefühlkalt“; es hat Gefühle, kann sie nur erschwert wahrnehmen und verbalisieren. Wichtig ist uns aber auch, unseren Patienten zu vermitteln und ggf. mit ihnen einzuüben, die eigenen Gefühle (z.B. Ärger, Traurigkeit) und Bedürfnisse im Umgang mit dem Partner/Verwandten ernst zu nehmen, diese offen anzusprechen und mit dem anderen in den Dialog zu treten. Im Ganzen geht es darum, in der Beziehung eine gemeinsame Sprache zu finden. So können sich für alle beteiligten Personen die Kommunikations-, Konflikt- und Beziehungsfähigkeit verbessern.

    Mit freundlichen Grüßen

    Elke Röming & Janine Hillmann

    Antworten

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