Zehn Tage Corona-Quarantäne in einer Wohngruppe der Vitos Jugendhilfe
Ein positiver Corona-Test. Zehn Tage Quarantäne. Sieben Kinder und ich allein in der Wohngruppe. Es war für uns eine sehr große Herausforderung, die wir (und das kann ich mit Stolz behaupten) mit Bravur gemeistert haben. Wie es uns ergangen ist, wie wir es geschafft haben, die Zeit der Quarantäne gut zu nutzen und warum wir uns trotz der Isolation nie allein gefühlt haben, möchte ich hier berichten.
Als eine Kollegin Symptome zeigte und ihr Corona-Test positiv ausfiel, war klar, dass wir schnell handeln müssen. Es war Freitagnachmittag und ich war gerade im Dienst. Ich habe sofort damit begonnen, die Bereichsleitung und die Eltern zu informieren. Einige Kinder waren, wie an den Wochenenden üblich, bereits zu ihren Eltern gefahren und entschieden sich, die Quarantäne dort zu verbringen. Sieben Kinder im Alter von zehn bis 15 Jahren blieben mit mir in unserer Wohngruppe. Am Sonntag bekamen wir den Rückruf vom Gesundheitsamt, das uns bestätigte, dass wir nun zehn Tage in Quarantäne bleiben mussten. Montag früh wurden alle Schulen über die Quarantäne informiert.
Nun hieß es, schnellstmöglich sicherzustellen, dass wir alle auf Corona getestet werden. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim Praxisteam von Dr. Beate Baumann bedanken. Die Mitarbeiter, der in Idstein ansässigen Ärztin, kamen direkt am Montagmittag zu uns in die Wohngruppe und sorgten dafür, dass wir alle schnell und unkompliziert getestet werden konnten.
Als wir Mittwoch das Ergebnis erfuhren, waren wir erleichtert. Wir waren alle negativ. Auch die Kinder zu Hause und die Mitarbeiter hatten negative Testergebnisse. Niemand hatte sich angesteckt. Ein gutes Gefühl, dass das Hygienekonzept vor Ort funktioniert hat.
Von Werwölfen und Türmonstern
Besonders herausfordernd war für uns alle, dass wir nicht raus durften. Nur ein kleiner Bereich hinter dem Haus blieb uns, um mal etwas frische Luft zu schnappen. Es ist uns dennoch gelungen, die zehn Tage abwechslungsreich zu gestalten. Da die Kinder nicht in die Schule konnten, haben wir auf Homeschooling umgeschwenkt. Das kannten wir ja bereits aus dem Frühjahr, als die Schulen während des ersten Lockdowns geschlossen waren. Ein Unterrichtsblock fand vormittags statt, der andere nach dem Mittagessen. In der freien Zeit haben wir gemeinsam gebastelt, zum Beispiel für Halloween. Außerdem entstand ein Quarantäne-Türschild. Auch das Spiel Werwolf erfreute sich bei den Kindern großer Beliebtheit. Abends saßen wir oft zusammen und haben DVDs geschaut.
Trotz der Isolation fühlten wir uns nie alleingelassen
Was die Kinder und ich während der zehntägigen Quarantäne von Bereichsleitung, anderen Wohngruppen, Eltern und Freunden an Hilfsbereitschaft und Wertschätzung erleben durften, war unglaublich. Diese Unterstützung hat uns durch die Quarantäne getragen.
Täglich erhielten wir Anrufe, die fragten, ob es uns gut ginge oder wir irgendetwas benötigten. Sie machten für uns Erledigungen und Besorgungen, schickten Blumensträuße, „Care-Pakete“ mit Süßigkeiten und Muffins. Der Verein Freunde des Kalmenhofs spedierte uns Familienpizzen und Eis zum Nachtisch. Für die Kinder und mich war das eine wunderbare Erfahrung. Was sagten die Kinder so treffend: „Wir kennen die Leute gar nicht und die sind so nett zu uns.“ Da wurden die Themen Zusammenhalt und Gemeinschaft ganz groß!
Sobald klar war, dass die Testergebnisse negativ waren, kümmerte sich unsere Bereichsleitung Michaela Fehr um direkte Unterstützung für mich. Nun kam täglich eine Kollegin zu uns in die Wohngruppe, um bei der Betreuung der Kinder zu helfen.
Gemeinsam schaffen wir das!
Für Familien, die ebenfalls vor der Herausforderung einer gemeinsamen Quarantäne stehen, habe ich ein paar Tipps. Zum einen ist es wichtig, Struktur in den Tag zu bringen. Durch das Homeschooling gelingt das recht gut. Das bedeutet nicht, dass die Kinder, wie an Schultagen üblich, sehr früh aufstehen müssen. Aber feste Zeiten, zu denen gemeinsam gelernt wird, sollte es geben. Die Erwartungshaltung an sich selbst und die Kinder darf dabei nicht zu hoch sein. Eltern und wir Erzieher sind schließlich keine ausgebildeten Lehrer. Und auch den Kindern fällt es Zuhause oft schwerer, sich zu konzentrieren. Die gemeinsamen Mahlzeiten geben dem Tag ebenfalls einen festen Rahmen. Damit einem die Decke nicht auf den Kopf fällt, ist es wichtig, sich gemeinsame Projekte zu suchen und Angebote zu machen. Dabei kann es sich um Karten- oder Brettspiele handeln, um Bastelarbeiten oder einen Filmabend. Wichtig ist nur, dass es gemeinsame Aktivitäten gibt, die man als Familie erlebt. Natürlich darf sich jeder auch mal zurückziehen und für sich sein. Andernfalls sind Konflikte vorprogrammiert. Sich immer wieder auch miteinander zu beschäftigen und alle einzubeziehen, hilft aber allen durch die Zeit der Quarantäne und schafft Zusammenhalt und Vertrauen.
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