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Auf dem Rücken der Pferde …

Über die ergotherapeutische Behandlung mit dem Pferd

… liegt bekanntlich das Glück dieser Erde. Das erfahren in gewisser Weise auch viele unserer jungen und älteren Patientinnen und Patienten. Der Umgang mit Tieren kann Menschen dabei helfen, besser mit Ängsten und Frustration umzugehen. Sie bauen Vertrauen auf. Das Selbstwertgefühl wird gestärkt. Und sie erleben Selbstwirksamkeit. Neben der Verbesserung von motorischen Fähigkeiten, Körpergeschicklichkeit und Körperkoordination schult die ergotherapeutische Behandlung mit Pferden die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer. Der Umgang mit ihnen unterstützt den Abbau von Aggressionen und Abneigungen und die Bereitschaft zu kooperativem Verhalten.

Bereits seit vielen Jahren, um genau zu sein seit Herbst 1977, arbeitet Vitos Herborn mit der Tiergestützten Therapie. Als der damalige Ärztliche Direktor Dr. Otto Aba sich für das ‚heilpädagogische Reiten‘ einsetzte, war unsere Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie auf dem Rehberg gerade einmal zwei Jahre alt. Wir sprechen heute von der ‚ergotherapeutischen Behandlung mit Pferden‘. Hier geht es in der Hauptsache nicht darum, dass man auf dem Pferd sitzt oder reitet, sondern um den Kontakt zum Pferd. Sei es durch langsames Annähern, Beobachten, durch Streicheln oder gemeinsames Spazierengehen.

Die vorsichtige Kontaktaufnahme am Zaun, das Streicheln des Tieres auf der Weide, die Pferdepflege, das Plantschen in unserem Flüsschen Dill oder das Reiten – all das ist Bestandteil der ergotherapeutischen Behandlung mit Pferden. In der Pferd-gestützten Therapie ist es wichtig, eine gute Ausgleichsarbeit zu machen. Auf der einen Seite möchten wir eine psychische und physische Stabilisierung für unsere Patient/-innen erreichen. Gleichzeitig achten wir auf genügend Freizeit für unsere Pferde. Da Tiere generell und Pferde im Speziellen ausgesprochen sensibel reagieren, ist es enorm wichtig, dass sie den Menschen ausgeruht und ausgeglichen begegnen.

Die ergotherapeutische Behandlung mit dem Pferd (und dem Hund) kann bei fast allen psychiatrischen Störungen verordnet werden

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Die ergotherapeutische Behandlung mit dem Pferd (und dem Hund) kann bei fast allen psychiatrischen Störungen und in jedem Alter verordnet werden. Das liegt daran, dass die Anwendungsmöglichkeiten dieser Tiergestützten Therapie so vielfältig sind. Es gibt für unsere Patient/-innen sowohl Einzel- als auch Gruppenangebote.

Zurzeit haben wir bei Vitos Herborn drei Pferde im Einsatz: Mocca, Tia und Helene. Helene ist relativ neu dabei. Die sechsjährige süddeutsche Kaltblutstute kam im Sommer 2022 gemeinsam mit ihrer Ausbilderin und Therapeutin Nadine Weyerhäuser sowie ihrem Therapiebegleithund Madita von Vitos Rheingau, wo sie zuvor gearbeitet haben, nach Herborn. Nadine ist ausgebildete Pferdewirtschaftsmeisterin, Ergotherapeutin und Fachkraft für Ergotherapeutische Behandlung mit dem Pferd (DKthR).

Nadine Weyerhäuser mit Helene und Therapiebegleithund Madita

Mit im Team ist außerdem Masterstudentin Leonie Daum. Sie lernte die Reittherapie schon von klein auf kennen, da schon ihre Mutter viele Jahre als Reittherapeutin bei uns arbeitete. Leonie hat 2019 ihren Bachelor in Soziale Arbeit absolviert und arbeitet jetzt an ihrem
Master. Sie besitzt einen Trainer-B-Schein für das Reiten und hat sich bereits im Studium innerhalb ihrer Bachelorarbeit mit dem Therapeutischen Reiten befasst. Nun plant sie noch eine Reittherapeuten-Ausbildung. Zurzeit ist sie stundenweise in der Reittherapie eingesetzt.

Nadine und Leonie sind jedes Mal wieder erstaunt und berührt darüber, wie schnell die Begegnung mit Pferden oder Hunden auf manche Menschen wirkt. Da war zum Beispiel die demenzerkrankte Patientin, die wochenlang nicht sprach und bei der Begegnung mit dem Tier plötzlich ihre Stimme wiedergefunden hatte.

Insbesondere Menschen mit folgenden Krankheitsbildern sprechen gut auf das Angebot an:

• Störungen der emotionalen Entwicklung
• Angststörungen
• Depression
• Selbstwertprobleme
• Lern- und Leistungsstörungen
• motorische Störungen
• Wahrnehmungsstörungen
• Entwicklungsverzögerungen
• Störungen des Sozialverhaltens (mit Hyperaktivität)
• ADHS
• autistische Störungen
• Folgen von Traumatisierungen
• Psychosen in der Rekonvaleszenz

Gründe, warum eine Tiertherapie mit Pferden für manche Patient/-innen nicht geeignet sein kann, sind:

• Starke Allergien, die in Berührung mit Pferden / Hunden auftreten
• Nicht bzw. schlecht eingestellte Epilepsie (man muss mindestens ein Jahr anfallsfrei sein)
• Menschen mit Trisomie 21 und einer Atlasdysplasie
• Akute Psychose und Suizidalität / Weglaufgefährdung
• Sehr starke Ängste, die die betreffende Person nicht bearbeiten möchte.
• Bei sehr schwergewichtigen Personen ist die Bewegungserfahrung auf dem Pferd aus Gründen des Tierschutzes ausgeschlossen. Die Pflege, ein Spaziergang oder ähnliches sind natürlich möglich.

Weiterführende Informationen finden Sie hier: https://www.vitos.de/gesellschaften/vitos-herborn/ [1]

Helene auf dem Weg zur Koppel