Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie bieten neue Kontaktmöglichkeit
Persönliche Kontakte fehlen in Zeiten des Coronavirus. Es gilt sie zu vermeiden, um das Risiko einer Ansteckung zu mindern. Für die Patienten der Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie bedeutet das: Weitgehender Verzicht auf Besuche und Beurlaubungen. Damit sie trotzdem den Kontakt zu Angehörigen und Freunden pflegen können, haben die Kliniken eine neue Kontaktmöglichkeit geschaffen: Video-Besuche.
Der Patient hat das Tablet vor sich auf den Tisch gestellt. Als seine Lebensgefährtin auf dem Bildschirm erscheint, hellt sich sein Gesicht auf. Wochenlang haben sich die beiden nicht gesehen, lediglich miteinander telefoniert. Dieser Moment ist Christoph Ziegler in Erinnerung geblieben. Der Fachkrankenpfleger leitet den Pflege- und Erziehungsdienst der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie (KFP) Bad Emstal und hat dort die Einführung der Video-Besuche begleitet. Er teilt die Freude seiner Patienten, die nun ihre Angehörigen wiedersehen können: „Dass wir in Zeiten der Pandemie etwas Schönes für unsere Patienten erreichen können, ist ein gutes Gefühl.
Die Covid-19-Pandemie hat für die Patientinnen und Patienten vieles verändert. „Wir hatten relativ liberale und großzügige Besuchsangebote, die dann fast vollständig wegfallen mussten“, sagt die Ärztliche Direktorin Birgit von Hecker. Zu groß das Risiko, dass sich Patienten mit dem Coronavirus infizieren, Mit-Patienten und Mitarbeiter anstecken und Stationen in Quarantäne gehen müssen.
Zuvor hatten die Patienten der Vitos KFP Bad Emstal teilweise die Möglichkeit, auch nicht-überwachte Besuche zu bekommen oder ihre Partnerin über Nacht zu empfangen. Während der Pandemie fanden Besuche zeitweise gar nicht oder nur im Trennscheibenzimmer statt, also ohne Körperkontakt. Auch die Patienten, für die es sonst umfangreichere Lockerungen gibt, mussten deutliche Einschränkungen hinnehmen. Das betraf zum Beispiel die Möglichkeit, für einen Tagesurlaub die Klinik zu verlassen.
Die Patienten tragen die Maßnahmen weitgehend mit, zeigen Verständnis. „Die Einschränkungen bei den Besuchen und den persönlichen Kontakten fallen ihnen aber natürlich schon schwer. Und je länger diese Pandemie dauert, umso schwerer wird es für sie“, sagt Birgit von Hecker.
Kontaktpflege: Wichtig für die Rehabilitation
Dass Kontakte zu Freunden und Angehörigen, insbesondere auch zur Partnerin, während des Maßregelvollzugs erhalten bleiben und gepflegt werden können, ist für die Patienten sehr wichtig. Ziel der Behandlung ist ihre Rehabilitation, also ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft. „Dabei spielt der soziale Empfangsraum eine große Rolle“, sagt die Ärztliche Direktorin. Haben die Patienten eine gesicherte Arbeitsstelle, geeigneten Wohnraum und natürlich – ganz wichtig – tragfähige persönliche Beziehungen, gelingt es ihnen leichter, sich nach ihrer Entlassung wieder einzugliedern.
Wie also Kontakte pflegen, wenn vor allem der persönliche Kontakt während der Pandemie kaum möglich ist? – Schon länger hatte Birgit von Hecker erwogen, Video-Besuche als zusätzliche Kontaktmöglichkeit für ihre Patienten einzuführen. „Das Thema war für uns nicht ganz neu. Wir hatten sogar schon Geräte angeschafft und mit dem Aufbau der Infrastruktur begonnen. Die Pandemie hat die Einführung dieser digitalen Kontaktmöglichkeit beschleunigt“, sagt von Hecker.
Die KFP Bad Emstal ging als Pilothaus voran, testete Software, Handhabung und Rahmenbedingungen, bevor die Video-Besuche auch in den anderen Vitos KFP eingeführt wurden. Die Pilotphase erforderte von allen Beteiligten auch etwas Geduld, erinnert sich der Leiter des Pflege- und Erziehungsdienstes, Christoph Ziegler: „Vor allem am Anfang gab es immer wieder Probleme mit der Technik.“ Mal lag es an einer schlechten Internet-Verbindung, mal daran, dass die Endgeräte von Angehörigen nicht funktionierten, mal kam eine E-Mail mit dem Einladungslink zum Video-Besuch nicht an.
Die anfänglichen Schwierigkeiten sind inzwischen weitgehend überwunden. Einige Patienten nutzen das Angebot regelmäßig. „Wir haben zum Beispiel einen Patienten, dessen Kind ihn in der Klinik nicht besuchen konnte. Er nutzte die Video-Besuche intensiv, um einen engen Kontakt zu seinem Kind zu pflegen“, sagt Birgit von Hecker. Die Rückmeldungen von Patienten, Angehörigen und Behandlern sind überwiegend positiv, sodass die Video-Besuche nun zu einem dauerhaften Angebot werden sollen. So könnten Patienten künftig ihre Angehörigen auch dann sehen, wenn ein persönlicher Besuch in der Klinik nicht oder selten möglich ist – zum Beispiel, weil Angehörige sehr weit weg wohnen oder nicht mobil sind.
Christoph Ziegler ist froh, dass die Einführung der Video-Besuche geglückt ist: „Dass wir uns Gedanken machen, was wir für unsere Patienten in dieser schwierigen Zeit tun können, wissen die meisten von ihnen sehr zu schätzen.“
Hintergrund: Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie
Der Maßregelvollzug in Hessen findet in den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie (KFP) statt. Dort sind psychisch kranke und suchtkranke Menschen, die eine Straftat begangen haben, zur Besserung unter hohen Sicherheitsvorkehrungen untergebracht. Die Vitos KFP behandeln ihre Patienten mit dem Ziel, nach der Entlassung ein straffreies Leben führen zu können.
In der Vitos KFP Bad Emstal gibt es 91 Betten für suchtkranke Rechtsbrecher. Sie sind wegen einer Suchtkrankheit straffällig geworden oder standen während der Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss standen.
Weitere Informationen zu den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie gibt es hier auf unserer Website.
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