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Burnout – die neue Modediagnose?

Wege aus der Erschöpfungsspirale

Abgekämpft, ausgelaugt, entkräftet – nichts geht mehr! Diese Gefühle sind den meisten von uns bekannt. Glücklicherweise treten sie nur nach einem wirklich anstrengenden Arbeitstag oder einer heftigen Arbeitswoche auf und verschwinden meist nach einem erholsamen Wochenende von selbst. Doch viele Menschen schaffen es nicht mehr, sich ausreichend von den Strapazen des Alltags zu erholen. Die Erschöpfung dominiert ihr Leben. Sie finden sich in einer Spirale der Überlastung wieder und ein Ausweg ist nicht in Sicht.

Dieser Zustand hat viele Namen. Der wohl geläufigste ist Burnout. Doch was steckt hinter diesem Begriff? Wie kann man sich vor psychischer Erschöpfung schützen und was ist zu tun, wenn man bereits mitten in der Erschöpfungsspirale steckt?

Burnout – eine Modediagnose?

Burnout ist nur einer von mehreren Begriffen, die im Grunde das Gleiche meinen, nämlich eine Überlastungsreaktion oder auch eine Erschöpfungsdepression. Burnout ist ein Erschöpfungsprozess, an dessen Ende eine klinisch relevante Depression stehen kann. Die Übergänge von Überlastung und Erschöpfung bis hin zu Depression [1] sind dabei fließend. Die Fachwelt diskutiert, wie man die einzelnen Begriffe voneinander abgrenzen kann.

Meiner Meinung nach hat der Begriff Burnout durchaus seine Daseinsberechtigung. Es ist ein Begriff, der von der breiten Bevölkerung genutzt und verstanden wird. Er ist jedenfalls alltagstauglich.

Jahr für Jahr werden es mehr

Die Zahl der Menschen, die sich wegen eines Burnouts in Behandlung begeben, hat in den letzten Jahren exponentiell zugenommen. Mittlerweile haben auch Wirtschaft und Politik diesen Trend erkannt. Sie diskutieren das Thema und suchen nach Lösungen. Fakt ist, dass die Gesellschaft gefordert ist. Es müssen Hilfsmaßnahmen geboten werden. Zum Teil passiert das bereits. Zu nennen sind hier beispielsweise das betriebliche Gesundheitsmanagement oder spezielle Angebote der Krankenkassen, wie beispielsweise Anti-Stress-Kurse.

Genauso wichtig ist die Entstigmatisierung psychischer Leiden. Dem Begriff Burnout haften weniger Vorurteile an, als beispielsweise der Diagnose Depression. In der Gesellschaft wird Burnout als ein Leiden der Fleißigen angesehen. Schließlich kann, so die allgemeine Auffassung, nur derjenige ausbrennen, der vorher (beispielsweise für seinen Job) gebrannt hat. Dennoch gehen die meisten von Burnout Betroffenen mit ihrer Diagnose deutlich zurückhaltender um, als sie es beispielsweise bei einer Herz-Kreislauferkrankung oder einem Rückenleiden tun würden.

Psychische Erschöpfung kann jeden treffen

Psychische Erschöpfung kann jeden treffen

Die ersten Warnzeichen für eine psychische Erschöpfung

Psychische Erschöpfung kann jeden von uns treffen. Und oft ist der Weg der psychischen Erschöpfung bis hin zu Depression ein schleichender. Die meisten Betroffenen haben das Gefühl, dass ihnen alles zu viel wird. Sie sind gereizter als früher und haben weniger oder sogar überhaupt keine Freude an der Arbeit. Am Montagmorgen fühlen sie sich so ausgelaugt, dass es genauso gut schon Freitag sein könnte. Sie sind niedergeschlagen, fühlen sich innerlich leer und sind meist zu erschöpft für Freizeitaktivitäten. An den Wochenenden oder im Urlaub können sie sich nicht ausreichend erholen. Oft aufgrund von Ängsten und innerer Anspannung. Die Gedanken drehen sich im Kreis. Das kann zu Schlafstörungen führen, die die Erschöpfung noch verstärken.

Man fühlt sich nicht mehr leistungsfähig. Ein negatives Selbstbild entsteht. Das Gefühl „nichts auf die Reihe zu kriegen“ versuchen Betroffene nicht selten durch noch mehr Arbeit zu kompensieren. So erschöpfen sie auch ihre letzten noch vorhandenen Ressourcen.

Die Erkenntnis ist der erste Schritt

Wer aus der Erschöpfungsspirale entkommen will, muss sich seiner Erschöpfung erst mal bewusst werden. Der einzige Weg ist, innezuhalten und in sich hineinzuspüren: „Wie schlecht geht es mir eigentlich?“ Der Betroffene muss erkennen, dass es so nicht weitergehen kann. Genauso wichtig ist es, sich Bezugspersonen anzuvertrauen, etwa dem Partner, anderen Familienangehörigen oder Freunden. Sie können Rückhalt und hilfreiches Feedback geben.

Es gibt nicht den einen Weg heraus aus der Erschöpfung. Der Einzelne muss sich fragen: „Wie kann mein Weg aussehen?“ Wer erkennt, dass es ihm nicht gut geht und sich Rückhalt im persönlichen Umfeld sucht, hat schon einen wichtigen Schritt getan. Nun geht es darum, zu schauen, wie man sich selbst entlasten kann. Manchmal hilft schon ein ausgedehnter Urlaub, um wieder neue Energie zu tanken. Reicht das nicht aus, sollte der nächste Weg zum Hausarzt führen. Er kann den Betroffenen krankschreiben und bei Bedarf an einen Psychiater oder Psychotherapeuten überweisen.

Bei leichter Erschöpfung, wenn noch nicht die Diagnose Burnout oder Depression gestellt wurde, kann ein psychologisches Coaching [2] weiterhelfen. Wichtig ist, dass es von einem Fachmann durchgeführt wird, der über die nötige psychologische Ausbildung verfügt. Bei schwerer Erschöpfung ist meist eine Psychotherapie der richtige Weg. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich das Leben nur noch um die Erschöpfung dreht und der Betroffene kein positives Gegengewicht mehr findet. Wenn es ihm nicht mehr gelingt, die verschiedenen Bereiche seines Lebens wahrzunehmen, in denen es gut läuft. Doch auch bei einer Psychotherapie gibt es kein Patentrezept. Die Behandlung muss stets auf den einzelnen Menschen und seine persönliche Lebenssituation abgestimmt werden.

Menschen in helfenden Berufen sind besonders gefährdet
Menschen in helfenden Berufen sind besonders gefährdet

Menschen in helfenden Berufen sind besonders gefährdet

Menschen, die beruflich anderen Menschen helfen, sind besonders gefährdet, an Burnout zu erkranken. Pflegeberufe [3]beispielsweise haben ein hohes Ethos. Oft sind es selbstlose Menschen, die solche Berufe ergreifen. Nicht selten opfern sie sich für andere auf und vergessen darüber ihre eigenen Bedürfnisse. Verinnerlichen muss jeder Einzelne dabei Folgendes: „Wenn es mir nicht gut geht, kann ich auch anderen keine Hilfe sein“. Umgekehrt bedeutet das: „Nur, wenn ich gut für mich selbst sorge, habe ich auch die Ressourcen, um für andere zu sorgen“.

Hier sehe ich auch den Arbeitgeber in der Pflicht. Er hat eine Fürsorgepflicht seinen Angestellten gegenüber. Gefragt sind hier die direkten Vorgesetzten. Sie sollten auf ihre Mitarbeiter achten. Sie sollten hinschauen, zuhören und nachfragen, wenn sie das Gefühl haben, ein Mitarbeiter ist überlastet. Nur selten wendet sich ein Mitarbeiter selbst an seine Vorgesetzten, um auf seine Erschöpfung hinzuweisen. Deshalb sollte der Vorgesetzte auf seinen Mitarbeiter zugehen und das Gespräch suchen. Fragen, die der Vorgesetzte stellen kann, sind zum Beispiel:

Es geht darum, sich dem Mitarbeiter zuzuwenden, aktiv Entlastung anzubieten und dem Mitarbeiter zu signalisieren, dass man ihn auf dem Weg raus aus der Erschöpfung unterstützen möchte. Konkret kann das eine Reduzierung der Arbeitslast sein oder auch die Verschiebung eines bestimmten Projekts. Entscheidend ist bei diesem hochsensiblen Thema immer, dass das Gespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter unter vier Augen stattfindet.

Leider kommt solch ein proaktives Verhalten von Vorgesetzten in der Praxis noch zu selten vor. Dabei wird es dem Vorgesetzten von seinen Mitarbeitern in aller Regel sehr hoch angerechnet, wenn er Interesse signalisiert und Unterstützung anbietet.