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Die positiven Seiten der Krise

Vitos Führungskräftekonferenz zieht Zwischenfazit zur Corona-Pandemie

Der Extrembergsteiger Thomas Huber plädiert für Mut zum Erfolg. Doch vorher informieren sich die Vitos Führungskräfte bei ihrer jährlichen Konferenz darüber, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie bislang für Vitos hat. Fachleute aus den Fachbereichen Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugend- und Behindertenhilfe sowie Erwachsenenpsychiatrie schildern anschaulich, was sie bewegt.

Der Konzerngeschäftsführer Reinhard Belling eröffnet die Konferenz, richtet den Blick in die Fachbereiche und auf die größten Herausforderungen vor und nach Corona.

Ergänzend zu den nachfolgenden Vorträgen lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie. Dort sind die Patientinnen und Patienten stark isoliert. Die entlassungsvorbereitenden Maßnahmen geraten wegen der notwendigen Auflagen ins Stocken. Gleichwohl wirkt die Pandemie auch hier als Katalysator. Jetzt sind Video-Besuche möglich, die auch in Zukunft den einen oder anderen langen Anfahrtsweg ersetzen oder bestimmte Besuche überhaupt erst ermöglichen.

In der psychiatrischen Rehabilitation wirkt sich die Isolation je nach Erkrankung sehr unterschiedlich aus. Und leider wird das Reha-Team davon überrascht, wie schnell ihre Klientinnen und Klienten wieder mit Exklusion konfrontiert sind. Der Zugang zu Werkstätten, Tagesstätten und Praktikantenplätzen ist erschwert. Es gilt also, die Aufgaben der Reha anzupassen und alternative Angebote und Settings gegen Exklusion zu schaffen. Die medizinische Geschäftsführerin von Vitos Reha, Dr. Sabine Kreß fasst das so zusammen: „Teilhabe ist ein Chamäleon“.

Reinhard Belling vertieft seine Ausführungen mit dem Blick in die Welt der einschlägigen Verordnungen, Richtlinien und Gesetze. Er beleuchtet die großen Herausforderungen der Gesundheits- und Sozialbranche, um offenen Stellen zu besetzen. Zur Digitalisierung sind noch einige und durchaus gewaltige Vorhaben zu realisieren. Daneben stehen die verschuldeten Staatskassen und die Frage, woher die erforderlichen Investitionen kommen.

Er schließt mit dem Bild, dass eine Dreierwippe auf der Suche nach ihrem Gleichgewicht ist: Die Themen Personal, Corona-Pandemie und Qualitätsanforderungen.

Intensivbehandlung von Covid-19-Patienten und Folgewirkung

Besonders eindrücklich ist die Schilderung des Klinikdirektors der Vitos Klinik für Neurologie Weilmünster, Dr. Christoph Best. Seine Klinik war diejenige, die von der Corona-Pandemie am unmittelbarsten betroffen ist. Mit einem hervorragenden Team hat sie die Krise bislang sehr gut gemeistert.

Die Klinik hatte ihr Angebot schnell auf Notaufnahme, Stroke Unit, Allgemein-Neurologie und Intensivstation verdichtet. Das Personal hat sie umorganisiert, sodass in 12-Stunden-Schichten drei Cluster-Mannschaften arbeitet. Daneben pflegte sie Listen mit Stand-by-Mitarbeiter/-innen.

Dr. Best lässt die Konferenzteilnehmer daran teilhaben, mit wie viel Gestaltungskraft sich die Kolleginnen und Kollegen vor Ort auf die sehr besonderen Corona-Anforderungen vorbereiten. Sie bauen Schleusen, verändern Abläufe komplett und tauschen sich kontinuierlich mit den Nachbarkliniken intensiv aus. Das Team entwickelt Lösungen, wie es eine drohende Triage vermeiden und möglichst jeden Patienten beatmen könnte.

In seinem positiven Fazit nennt Dr. Best die flache Kommunikationsstruktur, die Einbindung vieler Beschäftigter, deren Leistungsbereitschaft und Kreativität als maßgebliche Faktoren. Sie haben das Klinikteam der Neurologie und dessen Patientinnen und Patienten so gut als möglich durch den wohl schwersten Part der Corona-Pandemie gebracht. Jetzt gilt es, dem verständlicherweise ziemlich erschöpften Team möglichst keine neuen Belastungsspitzen aufzubürden.

Kinder und Jugendliche in der Krise

Die Klinikdirektorin der Vitos Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit Riedstadt, Dr. Anette Duve, berichtet von deutlich gestiegenen psychischen Probleme bei jungen Menschen. Die sind während der Corona-Pandemie mit geschlossenen Bildungseinrichtungen, Einsamkeit und Zukunftsängsten konfrontiert.

Auch wenn viele Familien die Zeit während der Eindämmungsmaßnahmen überwiegend gut meisterten, werden die Schattenseiten viel diskutiert: reduzierte gesundheitsbezogene Lebensqualität, Gewalt gegenüber Frauen und Kindern oder Mediensucht.

Das hat verständlicherweise negative Effekte auf Mitarbeiter/-innen und Patient/-innen im Stationsalltag. Aber nicht nur! Es zeigt sich, dass sich in einer Krise durchaus positive Auswirkungen auftun.

Die Beschäftigten fühlen sich auf der einen Seite belastet, ausgebremst oder hilflos. Auf der anderen Seite funktioniert die berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit besonders gut, die fachliche Krisenkompetenz und Mut zu Entscheidungen sind gefragt.

Manche der jungen Patientinnen und Patienten bekommen eine Art „Lagerkoller“, weil die Betätigungsmöglichkeiten so eingeschränkt sind. Das Stationsmilieu leidet. Gewaltereignisse nehmen zu. Und doch zeigt sich, dass sie kompromissbereit sind, Verantwortung übernehmen und neue Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln.

Zahlreiche Interventionen entstehen, z. B. START KIDS (Stress-Arousel-Regulation-Treatment for Kids), Corona School e. V. oder das gemeinsame Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ von BMFSFJ und BMBF.

Der fachlich-politisch geführte Diskurs der Kinder- und Jugendpsychiater beleuchtet, dass Krisen kreative Energien freisetzt, ein offener Lernmodus entsteht, neues gedacht werden darf und Kreativität eine gesellschaftliche Kraft ist. So hat die Corona-Pandemie auch hier Innovationen befördert, wie einschlägige Apps oder die hybride ambulante Akutbehandlung.

Die Folgen der Pandemie für behinderte Menschen und in der Jugendhilfe

Die Geschäftsführerin von Vitos Teilhabe, Edeltraud Krämer, berichtet, wie sich die Corona-Pandemie auf die Jugend- und Behindertenhilfe auswirkt. Denn hier geht es um das Zuhause der Menschen und ihren Alltag privat oder in Schule und Arbeitsstätten.

Schulen, Kitas und Werkstätten für behinderte Menschen waren geschlossen. In den Wohngruppen waren keine Besuche mehr gestattet. Immer wieder waren Wohngruppen mit Quarantäne konfrontiert. Das löst Unsicherheiten aus. Alle Menschen (Bewohner und Beschäftigte) sind zu Hause. Die gewohnten Abläufe ändern sich. Das belastet und löst Ängste aus. Doch auch hier erfahren alle Beteiligten eine große Hilfsbereitschaft und viel Unterstützung.

Die Teamleiterin Anja Storey fasst das so zusammen: „Was wir an Hilfsbereitschaft und Wertschätzung erleben durften, war unglaublich. Diese Unterstützung hat uns durch die Quarantäne getragen“.

Plötzlich gilt es, Schutzmaterialien zu organisieren, die bisher nie gebraucht wurden. Schutzkonzepte werden erarbeitet und umgesetzt. Schließlich werden regelmäßige Tests und die Schutzimpfungen organisiert.

Die Geschäftsführerin schließt ihren Vortrag damit, was sie und ihr Team tun können: Sich wieder auf Teilhabe und die Verbesserung der Lebensqualität konzentrieren. Für einen sicheren Ort zum Leben, Entwicklungsmöglichkeiten, Freude am Leben und schöne Erlebnisse sorgen.

Psychische Erkrankungen in der Pandemie

Der Klinikdirektor der Vitos Klinik Eichberg, Prof. Dieter Braus, nimmt die Konferenzteilnehmer mit in den wissenschaftlichen Part der Coronavirus-Welt. Er referiert wissenschaftliche Studien, die das Virus selbst und seine Wirkung erklären. Die Wirksamkeit der verschiedenen während der Pandemie zum Einsatz gekommen Mund-Nasen-Schutz-Maskenarten beleuchtet er anschaulich. Und er zeichnet den beeindruckende Weg der Forschung und Entwicklung der verschiedenen Corona-Impfstoffe nach.

Er fragt, was wir für die Patientenbehandlung in der Erwachsenenpsychiatrie brauchen. Nämlich verlässliche Informationen über den Impfstatus, Schutz durch Impfen und Masken, ausreichend Platz und Abstand und vor allem: eine agile Anpassung an neue Erkenntnisse. Er vertieft seine Anregungen mit Hinweisen zu Schulungen, Supervision und organisatorischen Maßnahmen.

Er schließt seine Reise in die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit einem Blick in die Zukunft. Die liegt für ihn in neuen, sich ergänzenden Therapieangeboten. Im Mittelpunkt steht der Patient. Für ihn stehen Psychiater/-innen, Psychotherapeut/-innen für die Behandlung bereit Das Digitale-Versorgungs-Gesetzt (DVG) bereitet den Pfad in ein interaktives Online-Behandlungsprogramm. Und es stehenden Informationen aus den Internet-Selbsthilfeprogrammen zur Verfügung. Daneben steht der Austausch in Selbsthilfegruppen vor Ort, in Foren oder Chats.

Mit Mut zum Erfolg

„Der Berg ist das schönste Bild, um Herausforderungen darzustellen“, sagt der Profibergsteiger und Extremkletterer Thomas Huber auf der Vitos Führungskräftekonferenz.

Während seines Vortrags „Mit Mut zum Erfolg“ nahm er die knapp 80 Führungskräfte mit in die Bergwelt. Dabei konnten sie Analogien zu ihren Erfahrungen im Gesundheits- und Sozialwesen ziehen. Denn auch das Bergsteigen oder Extremklettern machen die Huberbuam nicht alleine. „Zu den Erfolgen gehört ein ganzes Team“, sagt er und schildert sehr anschaulich, was das heißt, wenn er und seine Seilschaft sich eine Steilwand vornehmen.

Klar ist, es geht nicht immer alles so wie geplant: „Die Nicht-Garantie eines Erfolges ist es, die das Bergsteigen so spannend macht“, sagt Thomas Huber und hält sein Publikum damit in Atem zu beschreiben, was es heißt, eine Tour zu planen, zu starten, zu scheitern und es immer wieder zu versuchen, bis sie sich mit der Aussicht am Ziel belohnen können.