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Eltern sein – trotz Sucht und Straffälligkeit

Die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar bietet Mütter- und Vätergruppen an

Die Mütter und Väter, die in der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie behandelt werden, sind suchtkrank und haben eine Straftat begangen. Die Therapie soll dazu führen, dass sie nach ihrer Entlassung ein straffreies Leben führen können, frei von Suchtmitteln. Außerdem unterstützt die Klinik die Patientinnen und Patienten dabei, die Beziehung zu ihren Kindern zu stärken – unter anderem durch Mütter- und Vätergruppen.

„Der einzige Grund, weshalb ich diese Therapie mache, sind meine Kinder.“ Diesen oder ähnliche Sätze hört Daniela Weis häufig. Die Diplom-Sozialpädagogin arbeitet seit 2018 in der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie (KFP) Hadamar. Dort leitet sie das Eltern-Kind-Projekt und betreut Mütter und Väter während ihrer Therapie. Sie unterstützt die Patientinnen und Patienten dabei, Briefe an die Kinder zu schreiben, sich auf einen Besuch vorzubereiten oder den Kontakt zu Jugendämtern und Pflegekinderdiensten aufzunehmen. „Die Trennung von der Familie ist für viele unserer Patienten sehr belastend“, sagt Weis.

Fast zwei Drittel der Frauen, die in der KFP Hadamar behandelt werden, sind Mütter. Ihre Kinder sind in den meisten Fällen noch minderjährig. Trotz der Suchterkrankung lebte die Hälfte der Mütter vor der Unterbringung im Maßregelvollzug mit ihren Kindern zusammen. „Sie hatten überwiegend auch eine gute Bindung zu ihren Kindern“, schildert Weis. Lebten die Kinder nicht im eigenen Haushalt, gab es bei den Müttern zumeist dennoch einen regelmäßigen Umgang. Nur bei wenigen bestand überhaupt kein Kontakt zu den Kindern. Daniela Weis hilft dann dabei, den Kontakt behutsam wieder anzubahnen.

Bei den Männern, die in der KFP Hadamar behandelt werden, ist immerhin etwa jeder zweite Vater. „In der Therapie geht es um die Suchterkrankung, um die Delinquenz – die Vaterschaft spielte bislang eher eine untergeordnete Rolle“, sagt Oliver Karl. Der Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigte sich 2017 während seines Bachelor-Studiums mit dem Thema Vaterschaft im Maßregelvollzug. Er stellte sich die Frage, wie Väter mit der Trennung von den Kindern umgehen. Und welche Möglichkeiten es gibt, die Beziehung zwischen den Vätern und ihren Kindern zu stärken. Bei Gesprächen mit Patienten stellte er fest: Es gibt einen Bedarf an Unterstützung, der Rolle des Vaters gerecht zu werden. „Die meisten wünschen sich, für ihre Kinder da sein zu können. Sie möchten ihnen ein gutes Vorbild sein“, schildert Karl.

Seit 2018 bietet die KFP Hadamar den Patienten, die Eltern sind, Unterstützung an. Damals startete das Eltern-Kind-Projekt, zu dem auch die Mütter- und Vätergruppen gehören. Es ist ein freiwilliges Angebot, für das sich die Patientinnen und Patienten etwa alle zwei Wochen treffen. In einem ersten Modul, das zehn Einheiten umfasst, geht es vor allem um Information und Wissensvermittlung: Welchen Erziehungsmethoden gibt es? Was bedeutet Bindung? Was ist eine Bindungsstörung? Wie sieht die Rolle von Vätern und Müttern, von Männern und Frauen aus? Wie gehe ich mit Scham und Schuld um? Wie erkläre ich meinem Kind meine Straftat? Wie kann die Beziehung zu meinem Kind nach der Entlassung aussehen? Und natürlich: Wie mag sich mein Kind wohl mit all dem fühlen? „Die Therapie im Maßregelvollzug stellt vor allem den Patienten in den Mittelpunkt. Es geht um ihn und seine Tat. In den Mütter- und Vätergruppen geht es uns aber vor allem um die Sicht der Kinder. Darum, dass die Patientinnen und Patienten lernen, Empathie zu entwickeln und sich in ihre Kinder hineinzuversetzen“, schildert Daniela Weis.

In einem zweiten Modul geht es für die Mütter und Väter um die Hilfe zur Selbsthilfe. Es bleibt Raum, über die eigene familiäre Situation zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Vätergruppe ist 2019 gestartet, inzwischen haben die ersten Patienten die beiden Module absolviert. Die Rückmeldungen seien überwiegend positiv, sagt Oliver Karl. „Die Patienten erleben es als eine Form der Wertschätzung, dass es dieses Angebot gibt. Sie sind froh über die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme, fanden die Wissensvermittlung gut verständlich und haben den Austausch in der Gruppe sehr positiv erlebt.“ Das kann auch Daniela Weis bestätigen: „Für die Patientinnen und Patienten ist es schön, mal nicht nur als Suchtkranke oder Straffällige betrachtet zu werden – sondern als Vater oder Mutter.“

 

Zu den Personen

Daniela Weis ist Diplom-Sozialpädagogin und hat eine Weiterbildung zur Traumapädagogin absolviert. Sie arbeitet seit 2018 in der KFP Hadamar. Dort leitet sie das Eltern-Kind-Projekt und betreut Väter und Mütter während ihrer Therapie.

Oliver Karl ist Stationsleiter und arbeitet seit 2001 in der KFP Hadamar. Der Gesundheits- und Krankenpfleger hat sich 2017 während seines Bachelor-Studiums mit dem Thema „Vaterschaft im Maßregelvollzug nach §64 StGB“ befasst. Gemeinsam mit Daniela Weis leitet er die Vätergruppe der Klinik.

 

Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar

In der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie (KFP) Hadamar werden Männer und Frauen behandelt, die suchtkrank sind und wegen ihrer Suchterkrankung straffällig geworden sind bzw. während der Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss standen. Sie werden gemäß §64 Strafgesetzbuch in der Klinik untergebracht.

Die Unterbringung in der KFP Hadamar ist eine freiheitsentziehende Maßnahme der Besserung und Sicherung für straffällig gewordene, suchtkranke Menschen (Maßregelvollzug). Das Land Hessen hat die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie mit dem Maßregelvollzug beauftragt. Mehr über die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie und den Maßregelvollzug in Hessen erfahren Sie hier: https://www.vitos.de/unsere-fachbereiche/forensische-psychiatrie [1]

 

Bildquelle: © Kelli McClintock via Unsplash