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Fünf Jahre Wohnstätte Löhnberg

Von Corona, Nachbarschaftsproblemen und kleinen Siegen

Im Frühling 2018 zogen 22 Klientinnen und Klienten vom Klinikgelände in Weilmünster in den Neubau nach Löhnberg, eine Gemeinde nördlich von Weilburg. Nach einem kräftezehrenden Umzug hieß es zunächst, für alle Beteiligten eine neue Routine zu finden.

Der Reiz des Neuen

Für die Klientinnen und Klienten war alles neu und ungewohnt und daher haben sie zunächst viel ausprobiert. Der Aufzug war im Dauereinsatz. Eine Klientin verbrachte Stunden darin, bis auffiel, dass der Spiegel in der Kabine der Anziehungspunkt war. Daher wurde im Zimmer ein Spiegel aufgehängt und alle waren zufrieden.

Auch die offene Eingangstüre löste eine hohe Faszination aus, kannten die Klient/-innen das bisher noch nicht. Ein sogenanntes Schutzengelsystem schlug daher in den ersten Wochen und Monaten sehr häufig Alarm.

Plötzlich Nachbarn …

In den vergangenen Jahren prägte die Nachbarschaft und die damit verbundenen Probleme den Alltag in der Wohnstätte. Vom Klinikgelände kommend, auf dem es außer der Psychiatrie keinerlei Nachbarschaft gab, sahen sich die Klientinnen und Klienten nun mit Einfamilienhäusern und Einkaufszentren konfrontiert. Und auch umgekehrt. Hatten die Löhnberger Einwohner bisher nur eine Wiese vor der Haustüre, stand hier nun ein Haus, in dem Menschen mit den unterschiedlichsten Ausprägungen von kognitiven Einschränkungen leben. Dies führte zu Konflikten, Lärmbelästigungsklagen, Anzeigen, häufigen Besuchen der Heim- und Betreuungsaufsicht und Vorwürfen. Auch die Mitarbeiter/-innen vom benachbarten Drogeriemarkt mussten sich an die neue Kundschaft gewöhnen, die auch mal nur im Bademantel und ohne Geld „einkaufen“ kam. Heute besteht eine sehr gute Beziehung, eine Mitarbeiterin der Drogerie möchte inzwischen sogar als Aushilfe in der Wohnstätte arbeiten.

Corona und die Folgen

Kaum eingezogen, kam Corona. Ähnlich wie in vielen anderen Bereichen, waren die Bewohner/-innen mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Sie konnten die Wohnstätte nicht mehr verlassen. Es gab keine Ausflugsmöglichkeiten. Und Besucher waren nicht gestattet. Das sogenannte „zweite Milieu“ fiel weg, da die Werkstätten für Menschen mit Behinderung sowie die Tagesstätten geschlossen waren. Für manche Menschen mit kognitiven Einschränkungen war das nicht leicht zu verstehen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten zudem noch weitere Herausforderungen zu meistern. Es gab beispielsweise Beschaffungsprobleme für Lebensmittel, eine Packung Butter oder Nudeln reichte nicht für das ganze Haus. Mehr durfte eine Zeit ang pro Person nicht eingekauft werden. Aber auch diese Probleme wurden meist auf kreative Weise gelöst.

Hochmotivierte Mitarbeitende trotz Personalmangel

Auch fünf Jahre nach Einzug sticht eines in der Wohnstätte heraus: Die Einrichtung in den vier Gruppen ist liebevoll, geschmackvoll und hochwertig gestaltet. Hier herrscht eine Wohlfühlstimmung. Die ist vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschuldet, die sich mit der Wohnstätte, ihrem Arbeitsplatz, identifizieren und es einfach schön haben wollen. Reparaturen werden auch mal selbst und Renovierungen im Handumdrehen durchgeführt.

Teilhabe an der Gesellschaft

Für die kommenden Monate hat sich das Team rund um Teamleiter Franz Szenjan vor allem eines vorgenommen: Den Klientinnen und Klienten so viel Abwechslung wie möglich zu bieten und die langen Corona-Jahre wieder aufzuholen. Die wichtige Teilhabe am Leben, an Freizeitangeboten und an Ausflügen steht nun ganz oben auf den To-do-Listen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ausflugsziele sind beispielsweise der Frankfurter Flughafen, der Fernsehgarten Mainz oder eine Schifffahrt auf der Mosel – ganz nach den Wünschen der Klientinnen und Klienten.

Hier gibt es eine virtuelle Room Tour durch die Wohnstätte in Löhnberg:

https://bit.ly/38m9rXW [1]