- Vitos Blog - https://blog.vitos.de -

Funkstille im Gehirn

Depressionen sind eine Krankheit, wie Diabetes

Depressive Menschen erfahren oft eine gesellschaftliche Diskriminierung. Dass Depressionen eine Erkrankung, wie Diabetes sind, wissen viele nicht. Oft bekommen depressive Menschen zu hören, dass sie sich zusammenreißen sollen. Würden Sie das auch einem Diabetiker raten?

Aktuelle Zahlen des Robert-Koch-Instituts belegen, dass in den letzten 12 Monaten 11 Prozent der 18 bis 65-Jährigen in Deutschland an einer Depression erkrankt sind. Depressionen zählen somit zu den verborgenen Volkskrankheiten. Auch der Begriff Burn-out fällt oft in diesem Zusammenhang. Burn-out ist allerdings nicht gleichzusetzen mit einer Depression. Erleidet eine Person ein Burn-out, handelt es sich um einen ernst zu nehmenden Erschöpfungszustand. Eine Depression ist eine Krankheit, die nicht selbst verschuldet ist.

Depressionen können jeden treffen

Depressionen können durch drei Faktoren begünstigt werden. Es wurden Gene identifiziert, die mit Depressionen in Zusammenhang gebracht werden können. Gene alleine sorgen allerdings nicht für die Erkrankung an einer Depression. Auch die familiäre Prägung, das Erlernen eines verzerrten Selbstbildes zum Beispiel, kann einen erheblichen Einfluss nehmen. Ausgelöst wird eine Depression in der Regel durch gewisse Umweltfaktoren oder einschneidende Lebensereignisse. Dies verursacht Stress und das Hormon Kortisol wird ausgeschüttet. Bluthochdruck, Schlafstörungen und Depressionen sind die Folge. Kortisol wirkt sich auf die Gehirnareale aus, die für Gefühle, Konzentration und das Gedächtnis zuständig sind. Normalerweise geben unsere Nervenzellen Informationen mittels geringer Stromimpulse in Form von Botenstoffen weiter. Bei depressiven Menschen ist dies beeinträchtigt. Es herrscht quasi Funkstille im Gehirn. Es handelt sich also um einen Zustand, der nicht durch Willenskraft wieder hergestellt werden kann. Alkohol, Drogen oder Hormone (zum Beispiel während einer Schwangerschaft) können diese Beeinträchtigung fördern.

Funkstille im Gehirn – und nun?

Die gute Nachricht ist, dass dieser Zustand durch eine entsprechend Behandlung wieder aufgehoben werden kann. Damit es im Gehirn wieder funkt, können Antidepressiva, also Medikamente, eingesetzt werden. Diese Medikamente gleichen das gestörte Verhältnis der Botenstoffe im Gehirn aus. Bei einer schweren Depression sind Medikamente meist der erste Schritt für eine erfolgreiche Behandlung. Denn wenn die Funkstille bestehen bleibt, können andere Behandlungsmethoden nicht erfolgreich angewendet werden. Weit verbreitet ist der Glaube, dass Medikamente, wie Antidepressiva, die Persönlichkeit eines Betroffenen verändern oder abhängig machen. Wie andere Medikamente haben auch Antidepressiva Nebenwirkungen. Gegen die meisten kann etwas unternommen werden. Aufgrund genetischer Unterschiede zwischen Patienten können Medikamente verschieden wirken. Antidepressiva haben also Vor- und Nachteile, derer man sich bewusst sein sollte. Eingesetzt werden sie, damit es dem Patienten besser geht. Das kann sich zum Beispiel durch ein besseres Selbstwertgefühl äußern. Dies ist aber nicht mit einer Persönlichkeitsveränderung gleichzusetzen. Antidepressiva haben Nebenwirkungen, sie verändern aber nicht die Persönlichkeit!

Neben der medikamentösen Behandlung gibt es verschiedene nicht-medikamentöse Methoden, wie zum Beispiel die Psychotherapie. Hierbei unterscheidet man zwischen Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierter Therapie und der Psychoanalyse. Bei der Verhaltenstherapie steht die Beobachtung von negativen Verhaltensmustern im Vordergrund. Gemeinsam mit einem Arzt erörtert der Betroffene aktuelle Probleme und lernt negative Gefühle und Verhaltensmuster zu hinterfragen. Ziel einer solchen Therapie ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Schwerpunkt der tiefenpsychologisch fundierten Behandlung ist es, aktuelle Konflikte zu erkennen. Die Psychoanalyse hingegen befasst sich mit vergangenen Erlebnissen, deren Auswirkung bis in die Gegenwart reichen. Diese Behandlungsmethode kann allerdings nur angewendet werden, wenn der Patient stabil ist. Bei schwer depressiven Patienten kommt sie daher nicht zum Einsatz. In den meisten Fällen wird eine integrative Psychotherapie angewendet, also eine Mischform der genannten Behandlungen. Auch Bewegungs-, Tanz-, Musik- oder Theatertherapien können positive Ergebnisse erzielen. Insbesondere in den dunklen Jahreszeiten kann eine Licht- oder Wachtherapie helfen, sogenannten Winterdepressionen entgegen zu wirken.

Bin ich depressiv?

Keine Lust vor die Tür zu gehen? Schwierigkeiten sich zu konzentrieren oder einzuschlafen? Kommen Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit dazu, können das psychische Anzeichen für eine Depression sein. Auch somatische, also körperliche Anzeichen, wie Gewichtsverlust und ein verringerter Sexualtrieb deuten auf diese Erkrankung hin. Halten Symptome länger als 14 Tage an, sollten Sie Hilfe suchen. Je länger eine Depression unbehandelt bleibt, umso schwieriger wird die Therapie.

Die erste Anlaufstelle kann der Hausarzt sein. Ihr Hausarzt kann helfen, die Symptome zuzuordnen. Er unterscheidet nach Haupt- und Nebensymptomen und kann so feststellen, wie schwer Ihre Depression ist. Unterschieden wird zwischen leichten, mittelschweren und schweren Depressionen. Gemeinsam entscheiden Sie, welche Behandlung am geeignetsten ist und wie der nächste Schritt aussieht. Häufig folgt die Überweisung zu einem Spezialisten. Ein Psychiater oder Nervenarzt ist auf die Behandlung von psychiatrischen Krankheiten spezialisiert. Er kann erörtern, ob depressive Symptome auf eine andere psychische Erkrankung hindeuten. Psychotherapeuten hingegen sind auf die Psychotherapie spezialisiert. Sie können die oben genannten nicht-medikamentösen Behandlungen durchführen. In jedem Fall sollten Sie längere Wartezeiten einkalkulieren. Wird bei Ihnen eine Depression festgestellt, gilt es, sich schnellstmöglich um einen Termin zu kümmern. Eine Liste mit geeigneten Namen erhalten Sie zum Beispiel von Ihrer Krankenkasse. Eine Checkliste, um sich auf den ersten Termin vorzubereiten finden Sie unter www.weisse-liste.de [1].

Kann ich einer Depression vorbeugen?

Depressionen können jeden treffen. Aber jeder kann diesem Risiko vorbeugen und sich selber etwas Gutes tun. Drei Tipps möchten wir Ihnen mit auf den Weg geben:

Grundsätzlich gilt: Informieren Sie sich! Je mehr Sie über eine mögliche Erkrankung wissen, umso selbstbestimmter und aktiver können Sie damit umgehen. Sich zu informieren, hilft nicht nur das eigene Risiko zu erkennen, sondern auch Betroffenen offen zu begegnen. Depression ist eine Erkrankung, die nicht selbst verschuldet ist. Sollten Sie also jemanden in Ihrem Umfeld haben, der an einer Depression erkrankt ist, sprechen Sie ihm keine Schuld zu. Akzeptieren Sie die Krankheit und äußern Sie das auch dem Betroffenen gegenüber. Es kann schwer fallen, Verständnis für eine depressive Person aufzubringen. Haben Sie Geduld und holen Sie sich fachliche Hilfe. Lassen Sie Gefühle zu und bauen sich ein Netzwerk auf. Sollten Sie eine depressive Person begleiten, ist es wichtig mit anderen darüber sprechen zu können.

Weitere Tipps zur Prävention und Ratschläge für den Umgang mit depressiven Menschen, finden Sie in unserer Publikation „Depression – zurück zu innerer Stärke [2]“. Neben der Entstehung von Depressionen, beleuchten wir insbesondere den Einsatz und die Besonderheiten von Antidepressiva.

Bildquelle: Brooke Cagle via Unsplash