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„Gesellschaft ohne Pflege funktioniert nicht“

Interview mit Bachelor-Studentin Alina Pfeifer zum Tag der Pflege

Am 12. Mai feierten wir den Internationalen Tag der Pflege. Der Aktionstag geht auf den Geburtstag von Florence Nightingale zurück, die als Pionierin der modernen Krankenpflege gilt.

In Eltville fand aus diesem Anlass eine besondere Fachveranstaltung statt. Unter dem Motto „Zukunftsperspektive der psychiatrischen Pflege“ kamen Pflegende aus allen Vitos Gesellschaften sowie zahlreiche weitere Fach- und Führungskräfte zu einem fachlichen und persönlichen Austausch zusammen. Das Programm umfasste Fachvorträge, eine Podiumsdiskussion und unterhaltsame Beiträge.

Ein besonderes Highlight war ein Gedicht, welches die Pflegekraft und Autorin Alina Pfeifer vortrug. Sie schrieb darin ihre Gedanken zur Pflege nieder und erntete verdiente Standing Ovations.

Im Interview berichtet Alina Pfeifer unter anderem, wie sie den Tag erlebt hat, was Pflege für sie persönlich bedeutet und was sie jungen Menschen rät, die sich für diesen Beruf interessieren.

Wie haben Sie den Tag der Pflege erlebt?

Das war ein schöner Tag! Ich war anfangs etwas skeptisch, weil ich nicht finde, dass ein Tag der Dankbarkeit ausreicht, um dem gerecht zu werden, was der Pflege und der Berufe im Gesundheitswesen generell gebührt. Dennoch hat mich dieser Tag positiv überrascht! Ich habe ihn als große Bereicherung wahrgenommen. Der Austausch mit lieben Kolleginnen und Kollegen war auf eine besondere Art möglich. Ich habe viel Neues gelernt, aber auch einige Aspekte mitgenommen, die mich noch eine Weile beschäftigen werden. Ich habe mich total darüber gefreut, selbst an diesem großen Tag mitwirken und Herzensgedanken teilen zu dürfen. Ich habe festgestellt, dass ich mit einigen Anliegen in Bezug auf die Pflege nicht allein dastehe und Kolleginnen und Kollegen ähnlich denken und fühlen. Das war richtig bewegend! Ich freue mich schon jetzt darauf, dass dieser Tag im nächsten Jahr bei uns in Herborn stattfinden wird.

Was bedeutet Pflege für Sie ganz persönlich?

Pflege bedeutet für mich das Zusammentreffen von unterschiedlichen Aspekten, unterschiedlichsten Menschen, Abwechslung. Ich bewundere die Vielfalt in diesem Beruf. Auch die Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung sind gut! Pflege bedeutet für mich, Arbeit und Herzensangelegenheiten vereinen zu können. Gesellschaft ohne Pflege funktioniert nicht, ich glaube, das wird manchmal vergessen. Pflege hat schöne und schwere Seiten. Pflege ist wichtig und braucht Unterstützung!

Wo sehen Sie Chancen, wo Herausforderungen des Pflegeberufs?

Ich sehe die Pflege im Wandel. Das beinhaltet sowohl Chancen als auch Herausforderungen.  Vor allem der demographische Wandel sorgt mit all seinen Konsequenzen für große Herausforderungen. Das gilt gleichermaßen für ungünstige Rahmenbedingungen. Aber da sind auch große Chancen. Durch mein Studium zum Beispiel kann ich die Wissenschaft in die Praxis umsetzten, nah am Patienten bleiben und gleichzeitig an der Professionalisierung der Pflege mitwirken. Ich kann so arbeiten, dass ich die Wissenschaft nutze, um den Patienten bestmöglich zu versorgen. Und ja, auch die Arbeit an sich ist manchmal wirklich herausfordernd. Oft wird zu viel als Selbstverständlichkeit angesehen. Oft stößt man auf wenig Anerkennung und Wertschätzung. Dann gibt’s da auch das Gegenteil: Dankbarkeit, Herzlichkeit, Humor. Die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, das ist es, was die Pflege ausmacht und Kraft gibt, weil jeder Mensch einzigartig ist. Die psychiatrische Pflege unterscheidet sich stark von derjenigen in der Somatik. Der Beziehungsarbeit kommt in der Psychiatrie ein viel höherer Stellenwert zu. Oft wird die psychiatrische Pflege unterschätzt, weil ein Großteil der Arbeit für Außenstehende kaum sichtbar ist. Diese Art der Pflege beinhaltet unter anderem viel Angehörigenarbeit, das Führen wichtiger Gespräche und das Finden eines gemeinsamen Behandlungsweges, der für alle Beteiligten realisierbar ist. Der Mensch an sich steht mit seiner Individualität und Komplexität im Mittelpunkt. Auch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein Merkmal der psychiatrischen Pflege. Eigentlich gleicht kein Tag dem anderen, weil die unterschiedlichen Krankheitsbilder und die verschiedensten Menschen für Abwechslung sorgen.

Wie ist Ihr Werdegang in der Pflege?

Noch bevor ich im Oktober 2019 die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin begann, bestand bereits Interesse an dem Studiengang Advanced Nursing Practice. 2020 bekam ich dafür ein Stipendium, sodass ich mit dem zweiten Ausbildungslehrjahr parallel mit dem Studium „Bachelor of Arts in Social Management: Healthcare Service mit dem Vertiefungsschwerpunkt Advanced Nursing Practice“ am Steinbeis-Transfer-Institut in Marburg begann. Das Examen zur Gesundheits- und Krankenpflegerin absolvierte ich im September 2022. Seitdem arbeite ich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Herborn. Im Herbst dieses Jahres werde ich dann voraussichtlich meinen Bachelorabschluss erhalten und habe damit zwei Abschlüsse in vier Jahren erreicht.

Was raten Sie jungen Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren?

Wenn Interesse an diesem Beruf besteht, sollten die Menschen diesem unbedingt nachgehen und sich nicht sofort abschrecken lassen. Sie sollten sich ein eigenes Bild der Pflege machen. Ich rate ihnen, die Augen offen und immer Ausschau nach den schönen Seiten des Berufs zu halten und die vielseitigen Chancen, wie zum Beispiel die zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten, zu nutzen sowie den Weitblick zu behalten. Bei dem Stoßen auf Herausforderungen würde ich mir wünschen, dass die jungen Menschen davor nicht die Augen verschließen oder aufgeben. Ich würde mir wünschen, dass diese Herausforderungen aufgedeckt und angenommen werden. Dabei können großartige Ergebnisse entstehen. Aber auch das Schützen der eigenen (psychischen) Gesundheit ist unabdingbar.

Und der wichtigste Rat: Verliert den Menschen an sich nicht aus den Augen!