Ein paar Kilo abnehmen, mehr Sport treiben, das Rauchen aufgeben oder sich mehr Zeit für Familie und Partnerschaft nehmen – die Vorsätze, welche sich viele Menschen für das neue Jahr in den Kopf gesetzt haben, sind vielseitig. Eines haben sie aber alle gemein: einen Schritt weg von den alten und meist schlechten Gewohnheiten, hin zu neuen und positiven. Doch warum fällt es den meisten von uns so schwer, diese selbst gesteckten Ziele dauerhaft in die Tat umzusetzen?
Der Jahreswechsel als emotionale und biografische Sollbruchstelle
Dass die guten Vorsätze meist zum Jahresende hin getroffen werden, ist kein Zufall. Die meist im Kreise der Angehörigen gefeierten Weihnachtstage und der Jahreswechsel stellen eine emotionale und biografische Sollbruchstelle dar. Der Einzelne blickt auf die vergangenen zwölf Monate zurück und zieht Bilanz. Was lief gut, was lief schlecht, welche Dinge sollen geändert werden? An den Feiertagen kommen die Menschen zur Ruhe und der Stress der Vorweihnachtszeit fällt von ihnen ab. Diese Ruhe hilft dabei, neue Kraft zu tanken, ist jedoch auch der Selbstreflexion zuträglich. Das bevorstehende Jahr ist ein neuer Abschnitt im Leben. Die Motivation, gerade dann gute Vorsätze zu fassen, kann einen schwungvolleren Auftakt in diese neue Zeitspanne befördern und damit diese Phase geradezu auffrischen. Denn selbst eingefleischte Optimisten schwächeln zuweilen vor dem lauernden Jahr. Und gegen den Jahresanfangs-Blues anzugehen, gebietet schon der Selbstschutz.
Eine bilanzierende wie transformierende Schwellendynamik lässt sich auch auf andere Neuerungen und altersbedingte Grenzerfahrungen im Leben übertragen. Sei es das Verlassen des Elternhauses, ein neuer Job, eine neue Beziehung, die Berentung oder ein Umzug – Brüche laden dazu ein, Dinge anzupacken, zu verändern, weiterzuentwickeln.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Die meisten Menschen wissen, wie schwer es sein kann, sich an die guten Vorsätze, die Ende des Jahres gefasst wurden, zu halten. Meist fällt der Einzelne bereits nach wenigen Wochen wieder in seine alten Verhaltensmuster zurück. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Doch, das Altbekannte, der vermeidlich sichere Platz, ist oft nur noch eine Ruine von Gewohnheiten, in welchen wir uns zu verstecken versuchen. Dieses Verharren in alten Gewohnheiten führt dazu, dass das Verhalten, welches wir eingeübt haben, psychologisch gesehen immer wieder Verstärker findet und durch das Belohnungssystem unseres Gehirns unterstützt wird. Neues ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Zudem erfordert eine selbstherbeigeführte Veränderung, also das Herausbrechen aus wiederkehrenden Mustern, Energie. Auf der anderen Seite ist das Neue auch aufregend und ermöglicht Entwicklung und Bewegung.
Rituale und die Bedeutung des Belohnungssystems
Durch die Unmittelbarkeit unserer Abläufe, also beispielsweise dem Genuss eines Stücks Schokolade, wird unser Belohnungssystem direkt bedient. In den eingefahrenen Gewohnheiten ist dies umso stärker der Fall. Deshalb bedeutet der Versuch, etwas zu verändern, auch immer erst einmal Anstrengung und Verzicht. Kein Wunder, das dies mit einer gewissen Unlust einhergeht. Der Mensch versucht stets, Unlust zu minimieren und lustvolles Erleben zu optimieren. Entsprechend halten die guten Vorsätze bei den meisten Menschen auch nur einige Wochen an. Wer seine guten Vorsätze dauerhaft in die Tat umsetzen will, sollte deshalb darauf achten, eine unmittelbare und zeitnahe Belohnung zu erhalten. Als Beispiel kann die Aufnahme einer Sportart genannt werden, bei welcher man unmittelbar beim Vollzug oder in der Begegnung mit anderen bereits Freude erlebt. Dies ist viel motivierender, als sich das abstrakte Ziel der Herzinfarktvorbeugung in den Kopf zu setzen.
Ebenfalls essenziell ist es, in kurzen Zeitspannen zu planen. Sich als Raucher vorzunehmen, nie wieder eine Zigarette zu rauchen, ist also wenig zielführend. Den meisten Menschen fällt es leichter, in kleineren Zeitspannen zu agieren. So kann sich vorgenommen werden, bis zum nächsten Tag oder der nächsten Woche auf das Rauchen zu verzichten. Gelingt der Vorsatz in dem vorher festgelegten Zeitraum, ist dies ein Grund zur Freude und steigert somit die Motivation, am selbst gesteckten Ziel festzuhalten. Jedoch wäre es unseriös, dies als Faustregel zu bezeichnen, da jeder Mensch anders ist. Entsprechend muss jeder eine individuelle und für sich passende Herangehensweise finden. Während manche nur bis zum nächsten Tag planen, brauchen andere harte Einschnitte und große Schritte, um in ihrem Leben eine Veränderung zu erreichen. Für viele Menschen sind Rituale, etwa religiöser Art, eine spirituelle Hilfe zu Neuem.
Warum es gemeinsam nicht zwingend besser klappt
Vielen Menschen fällt es leichter, ein Vorhaben in die Tat umzusetzen, wenn sie sich einen Partner suchen, welcher das gleiche Ziel verfolgt. Dagegen ist erst einmal nichts einzuwenden. Wichtig ist jedoch, dass die Eigenmotivation gegeben ist und dieses Bündnis nicht zu einer gegenseitigen Abhängigkeit führt. Natürlich können sich zwei Menschen gegenseitig motivieren. Es besteht aber auch immer die Gefahr, dass sie sich gegenseitig runterziehen. Entscheidend ist die Voraussetzung, dass jeder seinen individuellen Weg gehen kann, ohne dabei in einen Loyalitätskonflikt zu geraten.
Mindestens zwei Schritte sind also unbedingt nötig, damit ein guter Vorsatz dauerhaft in die Tat umgesetzt werden kann. Zum einen die bereits erwähnte Eigenmotivation: Der Einzelne sollte sich fragen „Will ich das überhaupt?“. Nur hinter Vorsätzen, welche eigenmotiviert sind und nicht von Außen an den Betreffenden herangetragen werden, kann dieser auch stehen. Zudem muss sich der Einzelne realistisch überlegen, welche Anstrengungen er investieren und welchen Verzicht er hinnehmen möchte. Es ist wichtig, sich nicht nur das schöne Ziel auszumalen, sondern auch, sich des steinigen Wegs bewusst zu werden, der vor einem liegt. Der zweite essenzielle Schritt besteht darin, sich in der Praxis für solche Schritte zu entscheiden, die eine unmittelbare Belohnung spüren lassen.
Rückschläge gehören dazu
Zur Planung eines ernst gemeinten Wechsels gehört, Rückschläge vorwegzunehmen und zu akzeptieren. Dies gilt in besonderem Maße, wenn es sich um suchtartiges Verhalten handelt. Denn dieses wird stark vom neurobiologischen Belohnungssystem unterstützt. Von zentraler Bedeutung ist die Einsicht, dass man nicht von seinem guten Vorsatz abrücken muss, nur weil man einmal schwach geworden ist. Rückschläge gehören dazu. Der Einzelne tut gut daran, diese Schwankungen zu akzeptieren, anstatt sofort aus einem Impuls heraus alles aufzugeben.
0 Kommentare Kommentieren