31 Mai Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht
Was passiert, wenn ein Patient aus dem Maßregelvollzug ausbricht oder entweicht?
In forensischen Kliniken gibt es hohe bauliche und technische Sicherheitsstandards. Dennoch kann es passieren, dass ein Patient ausbricht oder entweicht . Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Ausbruch und einer Entweichung? Und welche Schritte werden eingeleitet, sollte einer dieser Fälle eintreten?
Ausbruch oder Entweichung? Eine kurze Begriffserklärung
Wir sprechen von einem Ausbruch, wenn der Patient bauliche und/oder technische Sicherheitseinrichtungen der Klinik überwindet. Also, wenn eres beispielsweise schafft, gewaltsam ein Fenster aufzubrechen oder über einen Sicherheitszaun zu klettern. Oder, wenn er Gewalt anwendet und sich seinen Weg in die Freiheit beispielsweise mithilfe einer Geisel erpresst.
Wir sprechen von einer Entweichung, wenn sich der Patient während gewährter Vollzugslockerungen nicht an festgelegte Absprachen hält und sich unerlaubt entfernt. Wenn er also beispielsweise nach einem zeitlich befristeten unbegleiteten Ausgang außerhalb der Klinik nicht rechtzeitig zurückkehrt. Entweichungen sind aber auch Regelverstöße gegen Meldepflichten bei einer Dauerbeurlaubung zur Vorbereitung auf die Entlassung. Die Dauerbeurlaubung wird bereits in der Regel in einer nachsorgenden Einrichtung oder auch in einer eigenen Wohnung vollzogen.
Hohe bauliche und technische Sicherheitsstandards
Vitos arbeitet fortwährend daran, die Sicherheit seiner forensischen Kliniken weiter zu erhöhen. Mit gutem Erfolg: Trotz steigender Patientenzahlen sind in den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie die Zahl der Ausbrüche und Entweichungen kontinuierlich gesunken – in den vergangenen 20 Jahren um rund 85 Prozent. Dafür gibt es zwei Gründe: 1. Die Fachleute haben die therapeutischen Bedingungen in den Kliniken weiterentwickelt. 2. Die baulich-technische und organisatorische Sicherung wurde kontinuierlich entsprechend der geltenden Standards modernisiert. Ausbrüche sind äußerst seltene Ereignisse geworden.
Die in den letzten Jahren bei Vitos neu gebauten forensischen Kliniken haben in der Regel nur einen zentralen Zugang. Das Personal in der Sicherheitszentrale steuert diesen Bereich völlig autark. Rund um die Uhr sind dort Mitarbeiter im Einsatz.
Die Sicherheitszentrale funktioniert wie eine Schleuse: Beim Hineingehen wird die erste Tür geschlossen und das Personal überprüft den Eintretenden. Anschließend öffnet das Pfortenpersonal die zweite Schleusentür. Eine technische Steuerung verhindert, dass beide Türen gleichzeitig geöffnet werden können.
Eine Außensicherung umgibt in der Regel das gesamte Gelände einer forensich-psychiatrischen Klinik. So zieht sich beispielsweise eine 5,50 Meter hohe Mauer um den im Mai dieses Jahres in Betrieb genommene Neubau der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar. Die Fenster sind entweder vergittert oder bestehen aus ausbruchsicherem Sicherheitsglas. Überwachungskameras und Bewegungsmelder ergänzen die bauliche Sicherung. Alle baulichen Sicherungsmaßnahmen werden in enger Absprache mit dem Hessischen Landeskriminalamt umgesetzt.
Ausbrüche und Entweichungen sind selten
Im Falle einer Entweichung verständigt die Klinik nach einem standardisierten Meldeverfahren sofort die Polizei. Über die Hälfte der Entweichungen der letzten fünf Jahren sind während einer Dauerbeurlaubung zur Vorbereitung auf die Entlassung eingetreten. Bei dieser wichtigen Rehabilitationsmaßnahme soll sich der Patient über einen längeren Zeitraum (bis zu acht Monate) außerhalb der Einrichtung in relativer Selbstständigkeit bewähren. Er lebt beispielsweise bereits in einer nachsorgenden Einrichtung oder in einer eigenen Wohnung. Während dieser Erprobungszeit muss sich der Patient an klare Absprachen halten und immer erreichbar sein. Können die Klinikmitarbeiter den Patienten nicht erreichen, wird nach einer abzuwartenden Karenzzeit von zwei Stunden die Fahndung eingeleitet. In der Mehrzahl der Fälle kommt der Patient bereits kurze Zeit später freiwillig in die Klinik zurück.
Doch es kann auch vorkommen, dass ein Patient aus dem Maßregelvollzug ausbricht. Sollte das passieren, arbeitet das sogenannte Krisendreieck den Vorfall unverzüglich auf. Das Krisendreieck besteht aus der Klinik, dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium und der Vitos GmbH. Solche Zwischenfälle haben eine große Wirkung auf die Öffentlichkeit. Deshalb muss das Krisendreieck zeitnah abstimmen, in welchem Umfang die Öffentlichkeit informiert wird. Durch die kontinuierliche Verbesserung der baulichen und technischen Sicherheitsstandards der Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie sind solche Vorfälle jedoch eher die Ausnahme.
Bildquelle:
© Michael Miethe