15 Okt. Mit innerer Stärke gegen den „November-Blues“
Die besten Tipps, um psychisch gesund durch die dunkle Jahreszeit zu kommen
Die Tage sind kürzer und grauer. Stress im Alltag, Unruhe im Privatleben – und dann auch noch viele Krisen auf der ganzen Welt: Das schlägt aufs Gemüt und kann schnell zu viel werden. Vor allem, wenn viele Belastungen auf einmal kommen. Zum Glück gibt es ein paar Kniffe, wie wir unsere Psyche auch im Herbst bei Laune halten.
„Zwischendurch brauchen wir Entspannung, einen mentalen Reset“, sagt Dr. Svenja Kräling, Leitende Psychologin der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina. „Der Akku muss aufgeladen werden. Wenn wir nicht zwischen Belastungen runterfahren können, sinkt unsere Widerstandsfähigkeit.“
Die Folge: Wir sind gereizter und werden handlungsunfähiger, weil wir uns Dinge nicht mehr zutrauen. Das kann sich auch aufs körperliche Immunsystem auswirken, sprich: Wir werden krank.
Im Sommer waren wir viel draußen, es gab Feste, Urlaube und andere positive Ereignisse. Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, sind wir seltener draußen, uns fehlt Licht. „Wenn die Psyche schon angeschlagen und der Akku nicht mehr voll ist, dann werden weitere Belastungen umso stärker wahrgenommen“, sagt Svenja Kräling.
Möglicherweise verstärken sich Ängste und andere negative Gefühle. Wer das stärker merkt, sollte sich beim Hausarzt auf einen möglichen Vitamin D-Mangel untersuchen lassen. Der Körper bildet Vitamin D hauptsächlich selbst, wenn die Haut dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Vitamin D sorgt dafür, dass unser Körper den Neurotransmitter Serotonin, das „Glückshormon“, aktiviert. Ein Mangel daran kann sich also auf die Psyche auswirken.
Am besten gegen den „Winter-Blues“ hilft eine solide körperliche und psychische Basis. Dazu zählen gute Ernährung, genügend Schlaf und Bewegung in der Natur. Auch soziale Kontakte sind wichtig. „Man kann darüber hinaus überlegen, welche Themen gerade besonders belastend sind und wie man Einfluss darauf nehmen kann“, sagt Svenja Kräling.
Menschen sind unterschiedlich resilient. „Resilienz ist nichts, was man hat oder nicht“, sagt die Psychologin. „Sie wächst mit den Erfahrungen, die wir machen, und vor allem mit der Bewältigung von Krisen. Wenn wir Herausforderungen gut bewältigt haben, steigt das Vertrauen in unser eigenes Krisenmanagement.“
Resilienz kann man auch lernen: Wer sich bisher nicht besonders resilient gefühlt hat oder Misserfolge verarbeiten musste, kann sich vor Augen führen, was er oder sie in der Vergangenheit schon bewältigt hat. Oder man kann sich bewusst in Situation begeben, die mit Unsicherheit einhergehen, aber prinzipiell bewältigbar scheinen. „Aus der Komfortzone herauszugehen, ist erst mal kein angenehmes Gefühl. Aber mit jeder gemeisterten Herausforderung wächst unsere Resilienz.“
Psychotherapeut/-innen sind genauso wie alle anderen Menschen von Tagen betroffen, an denen es ihnen schlechter geht. Svenja Kräling selbst versucht, ihren inneren Akku „auf einem möglichst guten Ladezustand“ zu halten. Stressige Phasen kommen schließlich von alleine und sind Teil des Alltags. „Ich mache relativ viel Sport, verbunden mit Zeit in der Natur. Ich schaue, dass ich zu 80 Prozent Gesundes esse. Der Rest ist Genuss.“ Und auch Zeit mit Familie und Freunden ist wichtig.
Wenn die Krise dann da ist, hilft Pragmatismus. „Mir ist es wichtiger, dass das Problem erst mal vom Tisch ist, als die perfekte Lösung zu suchen. Ich kann jedem empfehlen, die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben und sich hilfreiche Gedanken zurechtzulegen. Ich sage mir oft: Dann ist es eben so.“
Zur Person:
Dr. Svenja Kräling ist seit 2016 Leitende Psychologin der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina. Sie begann ihre Karriere bei Vitos Haina bereits 2009. Ihr Studium und nachfolgende Weiterbildungen zur Psychologischen Psychotherapeutin und Supervisorin hat sie in Marburg und Bad Dürkheim absolviert. Neben ihrer Tätigkeit bei Vitos hat sie einen Lehrauftrag an der Justus-Liebig-Universität Gießen und ist freiberufliche Dozentin. Sie ist unter anderem Mitglied der Gesellschaft für digitale Gesundheit.