Krankenpflegedirektorin Ursel Basener-Roszak über die Liebe zu ihrem Beruf
Mein Name ist Ursel Basener-Roszak und ich bin Krankenpflegedirektorin am Vitos Klinikum Herborn. Seit über 30 Jahren bin ich nun schon in der Pflege. Es gab Höhen und Tiefen, aber ich liebe meinen Beruf nach wie vor sehr. Mein Werdegang hat mich in ganz unterschiedliche Bereiche geführt. Ich durfte immer wieder Neues kennenlernen und mich stetig fachlich sowie persönlich weiterentwickeln. Was den Pflegeberuf für mich so spannend macht und wie mein ganz persönlicher Weg in der Pflege aussieht, möchte ich Ihnen hier berichten.
Ausbildung noch mit der Berufsbezeichnung Krankenschwester abgeschlossen
Der Pflegeberuf ist vielfältig und interaktiv. Vielfältig ist er unter anderem deshalb, weil ich verschiedene Abschlüsse anstreben kann. Ursprünglich konnten sich Schulabgänger/-innen für die Ausbildung zur Krankenschwester/-pfleger, zur Kinderkrankenschwester/-pfleger oder zum/zur Altenpfleger/-in entscheiden. Ich selber habe die Ausbildung noch mit der Berufsbezeichnung Krankenschwester abgeschlossen.
Ich habe meine Ausbildung nach der neuen Gesetzgebung von 1985 absolviert. Der Pflegeprozess war das entscheidend Neue daran. Eine Methode, die es den Pflegenden erlaubte, die Pflege sichtbarer werden zu lassen. In einem Regelkreislauf ermittelt Pflege den Bedarf ihrer Patienten und Patientinnen. Sie plant die Maßnahmen, mit denen der Bedarf gedeckt werden kann, überprüft die Wirkung und passt Maßnahmen gegebenenfalls an. Dieser Pflegeprozess ist auch heute noch die Grundlage der Pflegearbeit.
Stete Professionalisierung der Pflege
Seit 2004 führen die Absolvent/-innen der Pflegeausbildung die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege“. Die Aufnahme des Begriffes Gesundheit in die Berufsbezeichnung wurde bewusst getroffen, um dem Präventionsgedanken und die Sorge um die Gesundheit ins Zentrum zu stellen. Die Ausbildung zur Altenpflege hatte weiter Bestand. Man wollte den Pflegeberuf weiter professionalisieren. Es folgte eine erneute Reform der Ausbildungsbedingungen (PflAPrV) und des Pflegeberufegesetz (PflBG). Dadurch haben sich die Rahmenbedingungen und die Inhalte der Ausbildung grundlegend geändert. Ab dem Jahr 2020 beginnen die Absolvent/-innen die Pflegeausbildung, die mit der Berufsbezeichnung Pflegefachfrau/-mann abschließt. Die drei Gesundheitsberufe Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger/-in und Altenpfleger/-in hat man zusammengeführt.
Seit einigen Jahren kann man Pflege auch studieren, entweder dual mittels Ausbildung und Studium, mittels reinem Primärstudiengang an der Universität oder auch nach absolvierter Ausbildung zum Beispiel berufsbegleitend. Unabhängig vom Ausbildungsweg steht allen Pflegenden mit ihrem Abschluss in der Tasche die Vielfalt der Pflegewelt offen, damals wie heute.
Der Pflegeberuf öffnet Welten
Mich fasziniert diese Vielfältigkeit noch immer. Ergreife ich einen Pflegeberuf, kann ich ganz bodenständig in meiner Umgebung wohnen bleiben und dennoch in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig sein. Das somatische Krankenhaus bietet von der Intensivstation bis zur Frührehabilitation alle Wege. Eine psychiatrische Fachklinik, wie das Vitos Klinikum Herborn, versorgt von der Kindheit bis ins hohe Alter Menschen in allen Stadien ihrer psychischen Erkrankung. Als Pfleger/-in kann ich Menschen mit Handicap betreuen oder in einer Senioreneinrichtung tätig sein. Außerdem ist der Pflegeberuf international gefragt. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung bin ich also nicht auf Deutschland beschränkt, sondern kann auf der ganzen Welt arbeiten.
Die psychiatrische Pflege ist genau mein Ding
Nach meiner Ausbildung wollte ich die verschiedenen Fachbereiche der somatischen Medizin kennenlernen. 1990 begann ich in der Infektiologie und habe Patient/-innen mit einer bis dahin nahezu unbekannten Erkrankung HIV/AIDS versorgt. Sehr vieles war damals nicht erforscht und die Pflege musste sich auf unbekanntes Terrain begeben. Ähnlich geht es uns heute mit der Versorgung von Covid-19 positiven Patient/-innen.
Mein weiterer Pflegeweg hat mich durch die Fachbereiche der Inneren Medizin und Chirurgie geführt. Bis ich dann 2001 die Pflegewelt der Psychiatrie näher kennenlernte. Hier bin ich heimisch geworden. Dass die Psychiatrie meine Welt werden konnte, habe ich bereits während der Ausbildung geahnt. Damals wie heute mussten und müssen die Auszubildenden der Pflegeberufe eine Reihe von Pflichteinsätzen durchlaufen. Die Psychiatrie gehört dazu. Das ist aus meiner Sicht ein großer Vorteil in der klassischen und auch in der universitären Ausbildung. Der Wechsel und das Kennenlernen von Unterschieden bereichert den eigenen Wissensschatz. Die feinen Verschiedenheiten in der Art zu kommunizieren und zu interagieren, wurden mir während meines Einsatzes in der Psychiatrie bewusst und haben mich begeistert.
Mein Weg hat mich an die Universität und in eine Leitungsrolle geführt
Die Vielfältigkeit des Pflegeberufes habe ich noch weiter erleben dürfen. In den 1990’er Jahren haben sich neben verschiedenen Fachweiterbildungsmöglichkeiten auch Studiengänge etabliert. Nach einige Jahren in der psychiatrischen Pflege habe ich mich 2008 für ein Studium entschieden. Mein Weg hat mich an die Universität geführt. Ich habe mein Bachelor- und mein Masterstudium berufsbegleitend absolviert. Das war anstrengend, hatte aber für mich den Vorteil, meine neuen Erkenntnisse direkt praktisch auszuprobieren. Mehr zu wissen und für die eigenen Handlungen fundierte Argumente zu haben, erklären zu können warum sich mit gezielten Interaktionen sehr präzise bestimmte Ergebnisse erzielen lassen, war bereichernd. Für mich hat sich dadurch eine neue Welt aufgetan. Meine Begeisterung für meinen Beruf ist weiter gewachsen. Schließlich war es mir wichtig, mehr Verantwortung zu übernehmen und ich habe meine erste Leitungsrolle übernommen.
Pflege ist interaktiv
Der Pflegeberuf ist nicht nur vielseitig, er ist auch interaktiv. Das gilt für die Pflege auf einer Station oder in einem Wohnbereich genauso, wie für die spezialisierte Pflege, den Lehrer oder die Lehrerin für Pflegeberufe, die Leitungsperson sowie viele andere Bereiche. Viele Menschen wählen den Pflegeberuf, weil sie Freude daran haben, anderen Mut zu machen und sie in schweren Zeiten zu unterstützen. Als Pflegekraft auf Station sind das die Patientinnen und Patienten für die man jeden Tag sorgt. Als Lehrer/-in für Pflegeberufe fördert man Menschen, die ihr Talent ausbilden wollen. Und die Leitungskraft schafft möglichst optimale Voraussetzungen für die Pfleger/-innen in ihrem Team.
Die Freude an meinem Beruf habe ich über all die Jahre nie verloren
Meine Motivation den Beruf zu ergreifen, war eindeutig der Wunsch, Menschen auf eine professionelle Art und Weise zu helfen. Die Freude an meinem Beruf habe ich über all die Jahre nie verloren. Und das, obwohl es viele schwierige Situationen gab und zum Beispiel der Schichtdienst meinem Privatleben auch mal eingeschränkt hat. Doch mit den Patient/-innen in den Kontakt zu gehen, ihnen Sicherheit zu vermitteln, ihnen ein offenes Ohr zu schenken, die gemeinsame Suche nach Lösungen und das Erreichen der wieder gewonnenen Selbstständigkeit habe ich immer als sehr erfüllen erlebt.
Zu Beginn meiner Berufstätigkeit war ich nicht so selbstsicher wie heute. Heute betone ich immer, dass der Pflegeprofi methodisch handelt und dies immer wieder überprüft werden muss. Das zu erreichen, sollte das Bestreben von Pflegenden sein. Mir haben dabei meine ständige Freude, mich weiterzubilden und der kollegiale Austausch mit allen Berufsgruppen in der Klinik geholfen. Dadurch habe ich viele fachliche Erkenntnisse gewonnen. Gerade in meiner Zeit in der Psychiatrie, der Fachbereich, dessen Instrument die Kommunikation ist, hat meine Kompetenzen geschärft. Hören und Sprechen, Mimik und Gestik lesen und bewusst einsetzen zu können, ist die Kunst der Pflege. Die Auseinandersetzung mit meinen Stärken und Schwächen war ebenso wichtig. Zu wissen, was man sich als Pflegeprofi wann zumuten kann und wo die eigenen Grenzen sind, darin liegt der Erfolg der Interaktion mit unseren Patient/-innen.
Heute besteht eine meiner Aufgaben darin, unserer Pflegerinnen und Pfleger in der Ausübung ihres Berufes zu stärken. So wie es mir immer wichtig war, Patient/-innen auf ihrem Weg zu begleiten, zu beraten und zu unterstützen, ist es mir als Krankenpflegedirektorin wichtig, dass jede/-r seine Möglichkeiten bei uns erhält, um seine Pflegetalente und -kompetenzen zu entdecken und zu entwickeln. Darin sehe ich die besten Voraussetzungen für eine professionelle, qualitativ gute und attraktive Pflege.
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