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Vielseitige Gestaltungsspielräume

Wie ich mein persönliches Kunsttalent mit meiner Arbeit in der Pflege verbinde

Beneiden Sie auch manchmal diejenigen Menschen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben? Aber sind das nicht meistens Menschen, die dafür eine sichere Anstellung aufgeben und das Risiko der Selbstständigkeit in Kauf nehmen müssen?

Dass es auch anders geht, zeigt meine Geschichte: Mein Name ist Jacqueline Eder. Ich arbeite seit 2018 als Pflegefachkraft auf einer Therapiestation der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar. Seit einiger Zeit leite ich unsere Patienten beim Malen an. Das bereitet ihnen, genau wie mir, große Freude. Wie es dazu kam und warum Kunst oft mehr sagt, als 1.000 Worte? Lesen Sie selbst 😉

Zeit für Patienten

Die Pflege ist in einem somatischen Krankenhaus meist eng getaktet und es bleibt wenig Zeit, sich wirklich auf den einzelnen Menschen und seine individuellen Bedürfnisse einzulassen. In den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie spüren wir diesen Zeitdruck weniger. Wir begleiten unsere Patienten oft über mehrere Monate oder sogar Jahre. Das Team baut eine professionelle Beziehung zu den Patienten auf. Unsere Kernaufgabe ist die pflegerische Arbeit, die sozio- und deliktorientierte Milieutherapie. Dabei steht die Psyche des einzelnen Patienten stets im Mittelpunkt. Wir haben dabei vielseitige Gestaltungsspielräume. Unsere Kernaufgabe ist die pflegerische Arbeit, die aus Begleitung, Beratung und Unterstützung bei Alltagsproblemen besteht. Unsere Klinik bietet wohnbereichsinterne Koch- und Backgruppen an, wir spielen mit den Patientinnen und Patienten zum Beispiel Schach oder veranstalten gelegentlich Sportturniere. Und seit einiger Zeit Malen wir gemeinsam.

Malen in der Forensik

Das Hobby in den Beruf integriert

Ich habe in meiner Freizeit zu malen angefangen und mich in ganz verschiedenen Richtungen ausprobiert. Einige meiner Bilder habe ich mit auf die Arbeit genommen und sie meinen Kolleginnen und Kollegen gezeigt. Sie fanden die Bilder toll. Unser Stationsleiter fragten mich anschließend, ob ich Lust hätte, mein Kunsttalent zu nutzen, um mit unseren Patienten zu malen. Die Möglichkeit, mein Hobby in meinen Arbeitsalltag zu integrieren, klang für mich auf Anhieb sehr ansprechend. So machte ich mich zeitnah daran, ein passendes Konzept zu entwickeln. Ich konnte mir frei überlegen, wie ich mir die gemeinsame künstlerische Arbeit mit den Patientinnen und Patienten vorstelle.

Gefühle durch Kunst zum Ausdruck bringen

Für viele Menschen ist es nicht leicht, ihre Gefühle klar zu benennen. Auch viele unserer Patienten finden nur schwer Zugang zu ihren Emotionen. Kunst kann dabei helfen, genau das auszudrücken, wofür man keine Worte findet. Kunst kann motivieren und die Selbstwirksamkeit stärken. Ich habe beispielsweise Patienten, denen es an Durchhaltevermögen mangelt. Auch fehlt es ihnen an Motivation, die alltäglichen Dinge anzupacken. Malen macht ihnen Freude. Ein Bild fertigzustellen, gibt ihnen das gute Gefühl, etwas zu Ende gebracht zu haben. Das wiederum stärkt das Selbstvertrauen und somit das Durchhaltevermögen der Patienten. Das gemeinsame Malen ermöglicht und verbessert die professionelle, pflegerische Beziehung. Das äußert sich im Alltag durch eine grundlegende Vertrauensbasis. Es stärkt die Kommunikation, fördert Sozialkompetenzen und steigert letztendlich das Selbstwertgefühl.

Aktuell leite ich eine Kunstfreizeitgruppe mit fünf Teilnehmern. Hin und wieder wechseln diese mal, einer geht oder ein neuer kommt hinzu. Ich habe auch schon über mehrere Monate mit einer festen Gruppe an Projekten gearbeitet. Wir haben zum Beispiel Faschingsmasken gestaltet oder zusammen in Teams an großen Leinwänden gemalt. Ein anderes Mal haben wir berühmte Personen gemalt. Das hat den Patienten viel Spaß gemacht und es sind sehr kreative Werke entstanden. Die Themen für die Gruppe und die Projekte überlege ich mir selbst. Zwischen den einzelnen Projekten biete ich auch freies Malen an. Dann dürfen die Patienten sich selbst überlegen, was sie malen wollen. Diese Bilder dürfen Sie behalten, worüber sie sich sehr freuen.

Malen mit Klienten

Kreativität macht Spaß

Die Patienten nehmen das Angebot gut an. Sie haben Spaß an der kreativen Betätigung. Natürlich muss der eine oder andere ab und an etwas motiviert werden. Manchmal habe ich auch Patienten dabei, die das Angebot weniger wertschätzen. Sie gehen dann beispielsweise nicht sorgsam mit den bereitgestellten Materialen um. Außerdem haben viele Menschen, einige unserer Patienten eingeschlossen, Vorbehalte gegen die Kunst. Sie erinnern sich zum Beispiel an den ungeliebten Kunstunterricht in der Schule und haben Angst, nicht gut genug malen zu können. Ich erkläre ihnen dann, dass Kunstschaffen nichts mit Leistung zu tun hat. Ihre Arbeit wird nicht bewertet oder gar benotet. Andere halten Kunst für Zeitverschwendung. Oft kann ich sie überzeugen, einmal selbst den Pinsel in die Hand zu nehmen und etwas Eigenes zu schaffen. Viele entdecken auf diese Weise, dass ihnen die Kunst etwas gibt und ihnen hilft, Dinge zum Ausdruck zu bringen, die sonst versteckt in ihrem Inneren geblieben wären. Und häufig kommen sie im Anschluss auf mich zu und bedanken sich herzlich für das Angebot, das ich ihnen mache.

Kunst macht alles bunter

Für mich ist es ein sehr schönes Gefühl, meine Liebe zur Kunst mit unseren Patientinnen und Patienten teilen zu dürfen. Zu sehen, wie stolz sie auf ihre Werke sind, wie sie das Malen entspannt und sie Zugang zu ihren Emotionen finden lässt, erlebe ich als wirklich erfüllend. Ich bin froh, dass ich hier in der Klinik die Möglichkeit bekommen habe, mein Hobby in meinen Berufsalltag als Pflegekraft zu integrieren.Malen und Gefühle

Meine Idee für die Zukunft: Gern würde ich die Klinik mit den vielseitigen Werken der Patienten verschönern. Ihre Bilder an den Flurwänden oder in Besprechungsräumen zu sehen, wäre eine schöne Wertschätzung.