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Selbsthilfe zur Stabilisierung

Ehemaligentreffen hilft Patienten auf dem Weg in ein abstinentes Leben

Einmal im Monat kommen Patienten des Vitos Klinikums Gießen-Marburg und Suchtkranke, die heute abstinent leben, in Gießen zusammen. Vom Erfahrungsaustausch und der gegenseitigen Unterstützung profitieren dabei alle Teilnehmer.

Die Idee, ein Ehemaligentreffen ins Leben zu rufen, entstand bereits vor circa 25 Jahren auf Anregung ehemaliger Patienten. Sie waren selbst wegen ihrer Alkoholabhängigkeit in Behandlung und wollten nun, da sie trocken waren, ihre Erfahrungen an diejenigen weitergeben, die diesen Weg noch vor sich haben. So kam es, dass wir uns damals zum ersten Ehemaligentreffen zusammenfanden.

Es findet seitdem regelmäßig jeden ersten Mittwoch im Monat statt. Von 17 Uhr bis 19 Uhr treffen wir uns auf dem Vitos Gelände in Gießen, derzeit in den Räumen der alten Kantine (die kostelosen Vitos Navi App finden Sie übrigens im App Store).

Es ist ein lockeres Treffen zu dem im Schnitt 15 bis 20 Personen kommen. Manchmal auch weniger. Allein habe ich in all den Jahren jedoch noch nie da gesessen. Fünf bis zehn ehemalige Patienten sind dabei und mehrere aktuell stationäre Patienten die entgiften. Zum Adventstreffen im Dezember und zum Grillen auf dem Schiffenberg bei Gießen am ersten Mittwoch im Juli kommen meist deutlich mehr Betroffene, oft mit Angehörigen.

Die Treffen sind im Ablauf nicht durchorganisiert. Ich freue mich über jeden, der seinen Weg zu uns findet. Bei Kaffee und Gebäck tauschen wir uns aus. Es bilden sich Gesprächsgruppen. Ehemalige kommen mit den stationären Patienten ins Gespräch, sie berichten von ihren Erfahrungen mit weitergehenden Therapien und davon, wie sie ihre Abstinenz stabilisieren.

Die Treffen sind auch eine Gelegenheit, sich miteinander zu vernetzen. Es gibt zum Beispiel das Lotsennetzwerk Mittelhessen. Ehemalige Suchtpatienten begleiten Patienten, die das Angebot interessiert, Selbsthilfegruppen für Abhängigkeitskranke kennenzulernen, um mit deren Hilfe einen Weg in ein stabiles abstinentes Leben zu finden. Die Lotsen sollen den Betroffenen helfen, die oft vorhanden „Schwellenangst“ zu überwinden. Das Engagement der Lotsen soll sich auf den persönlichen Erfahrungsaustausch und die Begleitung in die Selbsthilfe beschränken.

Der Rückfall beginnt oft schon, bevor wieder konsumiert wird. Zum Beispiel wenn Belastungssituationen auftreten. Der Griff zu Rauschmitteln entspricht der Erfahrung der Betroffenen, mit gefühlsbetonten Belastungen scheinbar fertig zu werden. Gerade dann kann ein Austausch in der Gruppe oder auch das Aufgefangenwerden in einem Netzwerk von erfahrenen Betroffenen eine große Hilfe sein. „Reden ist besser als zu konsumieren“

Das Gefühl, mit seinen Sorgen, Ängsten und Problemen nicht allein zu sein, hat eine antidepressive Wirkung. Anfangs sind unsere Patienten oft noch etwas skeptisch. Mit Erfahrenen zu sprechen, die Ähnliches erlebt haben, ist eine Chance, Vertrauen zu schaffen.

Abhängigkeitskranke brauchen oft mehrere Anläufe, um dauerhaft abstinent zu leben.

Selbsthilfe ist die beste Hilfe zur Stabilisierung der Abstinenz – dort kann man ansteckende Gesundheit erleben

Der Austausch in der Gruppe hilft auch den Ehemaligen, weiterhin ihre Abstinenz zu stabilisieren. Erfahren sie doch von unseren aktuellen Patienten immer wieder aus erster Hand, was es bedeutet, wieder mit dem Suchtmittelkonsum anzufangen.

Ich bin bereits seit Jahren in Rente, übernehme die Organisation der Ehemaligentreffen und des es in Zusammenarbeit mit Betroffenen jedoch gerne. Das positive Feedback der Teilnehmer motiviert mich. Solange sich kein Jüngerer mit dem entsprechenden Engagement bereit erklärt, ich gesund bin und es gewünscht ist, stehe ich für diese Aufgabe zur Verfügung.

Bildquelle: Vitos