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    Janine Berg-Peer /
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  • Kategorie Allgemein, Experten erklären, Publikationen
Was tun, wenn mein Kind psychisch krank ist?

Was tun, wenn mein Kind psychisch krank ist?

14. Februar 2018

Gastbeitrag von Janine Berg-Peer, Autorin und Mutter

Eine psychische Krankheit bricht wie ein Naturereignis in die Familie ein. Nichts bleibt, wie es war. Eltern müssen mit ansehen, wie ihre Kinder sich verändern, in eine fremde Realität abgleiten, wie schwierige Verhaltensweisen die Kommunikation innerhalb der Familie durcheinanderbringen. Für Lebenspartner kann die Zuneigung auf eine harte Probe gestellt werden.

Es bleibt nicht beim ersten Schock: Wir werden mit einem undurchschaubaren psychiatrischen System konfrontiert, in dem Entscheidungen selten mit uns abgesprochen werden. Im sozialpsychiatrischen Dschungel finden wir nicht leicht die passenden Hilfen. Es ist ein Schock, dass niemand den geliebten Menschen zu einer Behandlung zwingen kann. Auch wenn niemand Zwang will, ist es emotional schwierig, hilflos mit anzusehen, wie das eigene Kind sich immer mehr selbst schadet. Eine große Herausforderung ist der alltägliche Umgang mit den Erkrankten. Was, wenn der Betroffene ständig Forderungen stellt, die wir nicht erfüllen wollen oder können? Wie mit den schwierigen und unvorhersehbaren Verhaltensweisen der affektiv Erkrankten umgehen? Wie sollten wir auf einen Wahn reagieren, der bei dem Betroffenen und auch bei uns selbst Angst auslöst?

Psychoseseminare, Psychoedukation oder Angehörigengruppen können helfen. Wissen über psychische Erkrankungen ist sinnvoll, aber wir erfahren dort selten, was genau wir in einer schwierigen Situation tun können, um dem Betroffenen zu helfen, ohne uns selbst zu schaden. Was tun, wenn die Tochter panische Angst hat, weil sie von ihren Nachbarn verfolgt wird? Wenn der Sohn uns im vollbesetzten Restaurant lautstark mit Schimpfwörtern bedenkt? Es gibt gute Bücher zu dem Umgang mit psychisch Erkrankten. Dennoch wird selten die Frage beantwortet, wie wir Angehörige es im Alltag schaffen können, gelassen und angemessen zu reagieren, wenn wir nach Jahren mit anhaltendem Stress am Ende unserer Kräfte sind.

Stress , Sorgen und das alltägliche Chaos machen sich häufig in eigenen Krankheiten bemerkbar. Viele Angehörige leiden unter Herzkreislaufkrankheiten, chronischen Schmerzen oder an Depressionen. Wir glauben, nichts dagegen tun zu können, weil wir die Krankheit weder heilen noch kontrollieren können. Diese Hoffnungslosigkeit, das Wissen, dass dies alles nie enden wird, kann zu Depressionen führen.

Aber wir können etwas ändern!

Wir glauben, dass alles besser würde, wenn unsere Kinder oder auch die Ärzte sich ändern würden, erkennen aber, dass genau das nicht passieren wird. Wir können andere Menschen nicht ändern. Aber hier ist die gute Nachricht: Wir können uns selbst ändern, darauf haben wir Einfluss. Nicht die Krankheit allein ist die Ursache für unsere Belastung; auch unsere Einstellung zur Krankheit und unsere Verhaltensweisen spielen eine große Rolle dabei. Wenn wir unsere Einstellungen und unser Verhalten verändern, werden wir merken, dass es uns damit besser geht. Und, wie ich selbst mit meiner Tochter erfahren habe, davon profitieren auch unsere Kinder.

Denken Sie an das Motto der amerikanischen Selbsthilfegruppen von Angehörigen, die 4 C:

I didn´t cause it            Ich habe die Krankheit nicht verursacht

I can´t cure it                Ich kann die Krankheit nicht heilen        

I can´t control it           Ich kann die Krankheit nicht kontrollieren

I can cope with it          Ich kann lernen, damit umzugehen

 

Wir können unsere Einstellungen ändern

Realität anerkennen: Jahrelang suchen wir nach der perfekten Therapie, dem perfekten Medikament, dem perfekten Arzt, weil dann unser Kind wieder geheilt würde. Weil wir aber diese perfekten Bedingungen nicht finden, werden wir traurig, wütend oder bitter. Stattdessen sollten wir die Realität anerkennen: Unser Kind hat eine schwere Krankheit, die häufig dazu führt, dass es nicht genau das Leben führen kann, dass es sich gewünscht hat oder dass wir uns vorgestellt haben. Aber auch mit dieser Krankheit kann ein gutes Leben gelingen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, wie wir unser Kind auf dem Weg in dieses gute Leben unterstützen.

Einstellung zur Krankheit: Je nachdem, wie wir ein Ereignis betrachten, wird es uns mehr oder weniger belasten. Wenn wir der Meinung sind, dass die psychische Krankheit eine Katastrophe ist, dann macht uns das hilflos, denn gegen Katastrophen sind wir machtlos. Wenn wir stattdessen diese Krankheit als eine schwierige Situation begreifen, mit der wir uns auseinandersetzen müssen und auf die wir uns einstellen können, dann sind wir weniger hilflos und können beginnen, nach Lösungen zu suchen.

Ich habe Recht! Wenn wir der Meinung sind, dass genau das passieren muss, was wir für richtig halten, dann macht es uns wütend, wenn das nicht eintritt. Wir werden jahrelang Ärzte, Therapien und Medikamente kritisieren, um genau das Richtige für unser Kind zu finden. Aber niemand weiß, was das Richtige ist. Wenn wir dagegen akzeptieren, dass es für ein Problem viele Lösungen geben kann, wird es uns besser gehen. Wenn der Arzt nicht mit uns sprechen will, weil die Tochter das verboten hat, dann können wir wütend werden, weil das aus unserer Sicht falsch ist. Wenn wir aber die Entscheidung der Tochter akzeptieren, können wir uns darauf konzentrieren, was wir auch ohne Arztgespräch für sie tun können. Das Bemühen, ständig die Behandlung und Ihr Kind zu kontrollieren, führt zu einer ungeheuren Anspannung, die uns langfristig selbst krank macht.

Auch unser Verhalten können wir ändern

Weniger Sorgen machen: Ständige Sorgen versetzen uns in einen permanenten Alarmzustand, der für einen hohen Stresspegel sorgt. Anders als wir oft denken, zeugen Sorgen nicht von Verantwortungsbereitschaft, sondern von großer Ängstlichkeit. Die meisten Sorgen können keine neue Krise verhindern. Wie wollen Sie verhindern, dass Ihr Kind die Tabletten wieder absetzt? Dass es Suizidgedanken hat? Sich chaotisch in der Wohnung verhält, so dass eine fristlose Kündigung droht? Überprüfen Sie, ob es sich um produktive oder unproduktive Sorgen handelt: Wenn Sie etwas tun können, um ein befürchtetes Ereignis zu verhindern, dann tun Sie das. Kaufen Sie ihrem Kind Essen, wenn Sie Sorge haben, dass es verhungert. Reden Sie mit den Nachbarn und hinterlegen Ihre Telefonnummer, damit Sie angerufen werden können, wenn es schwierig wird. Wenn es aber nichts gibt, das Sie tun können, dann führen diese unproduktiven Sorgen nur dazu, dass sie sich permanent in einer extremen Stresssituation befinden.

Loslassen: Wir müssen nicht, sondern wir dürfen loslassen, selbst wenn uns das äußerst schwerfällt. Loslassen bedeutet nicht, sich nicht mehr um sein Kind zu kümmern. Loslassen dürfen wir unsere übertriebene Ängste, die uns in Stress versetzen und unseren Kindern nicht nützen. Wir müssen nicht jeden Tag anrufen, wir müssen nicht die Wohnung kontrollieren, wir müssen nicht ständig nachfragen, ob denn auch die Tabletten genommen wurden. Oft haben wir uns nach dem Schock der Diagnose angewöhnt, nun alles zu tun und alles zu ertragen, um unser krankes Kind zu unterstützen. Diese Aufopferung wird für uns zu einer Überforderung, die letztlich auch zu eigenen Krankheiten führen kann.

Es  ist nicht einfach, aber Sie können es lernen: Gehen Sie einmal nicht ans Telefon, reagieren Sie nicht auf jeden Brandanruf, mischen Sie sich nicht in alles ein, was Ihr Kind vorhat. Die größte Hilfe für unser Kind ist es, wenn wir es dabei unterstützen, möglichst selbständig zu werden. Es ist schwer, sich abzugewöhnen, ständig an das Kind zu denken, wenn Sie alleine zuhause sitzen und Zeit haben, zu grübeln. Treffen Sie sich mit Freunden, gehen Sie ins Kino oder machen Sie Sport. Alles Aktivitäten, die Ihre ganze Aufmerksamkeit erfordern. Sie können besser loslassen, wenn Sie sich vor Augen halten, was das Festhalten bei Ihrem Kind bewirkt: Immer wenn Sie Ihrem Kind etwas abnehmen, machen Sie ihm damit deutlich, dass Sie es für unfähig halten. Immer wenn Sie nachfragen, ob es seine Tabletten genommen hat, zeigen Sie ihm, dass Sie glauben, dass es keine Verantwortung übernehmen kann.

Grenzen setzen: Wenn Ihre persönlichen Grenzen übertreten werden, Sie ständig etwas tun, was Sie nicht tun wollen, dann ist das belastend. Zeigen Sie ihrem Kind Grenzen auf: Sagen Sie genau, wie Sie sich verhalten werden, wenn das Kind sich in einer bestimmten Weise verhält. Wenn es sich dauerhaft weigert, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, dann sagen Sie ihm, dass Sie nicht alle Konsequenzen dieser Weigerung tragen werden. Sagen Sie, wann Sie angerufen werden wollen und wann nicht. Reden Sie mit Ihrem Kind, wenn er nicht gerade in einer Krise ist, und sagen ihm, dass es auch selbst Verantwortung für sein Leben übernehmen muss. Damit unterstützen Sie Ihr Kind mehr, als wenn Sie sich für es aufopfern: Ihr Kind ist trotz Erkrankung ein erwachsener Mensch und muss die Chance haben, sich weiterzuentwickeln. Es darf auch „schlechte“ Entscheidungen treffen, denn nur daraus lernt es, was die Konsequenzen seines Verhaltens sind und kann diese korrigieren.

Keine Angst vor Krisen: Die permanente Angst vor der nächsten Krise belastet uns, aber auch unser Kind. Nach Jahren kennen wir Krisen und wissen, wie wir damit umgehen können. Statt auf die Vermeidung einer neuen Krise zu hoffen, sollen wir uns damit vertraut machen, wie die nächste Krise bewältigt werden kann. Machen Sie Ihrem Kind Mut und zeigen Sie ihm, dass Sie gemeinsam auch die nächste Krise bewältigen werden. Machen Sie einen Krisenplan: Was kann wann getan werden? Wer wird verständigt? Welches Krankenhaus, welche Medikamente, welcher Arzt? Welche Frühwarnzeichen gibt es? Können Sie Ihrem Kind sagen, dass Sie erkennen, dass eine Krise bevorsteht? Krisen gehören zum Leben eines Menschen mit einer psychischen Grunderkrankung. Aber Krisen haben auch ein Ende.

Wer nun sagt, es sei aber schwierig, dem möchte ich die Worte meiner Tochter ans Herz legen:

„Das ist für euch schwierig? Aber wir müssen doch auch unsere Einstellung und unser Verhalten ändern. Wir müssen lernen, unsere Emotionen zu kontrollieren, zu verstehen, dass ein Wahn auch ein Wahn ist, dafür zu sorgen, dass wir ein ruhiges Leben führen, um nicht wieder ins Grübeln, eine Depression oder eine Manie zu rutschen.

Dann werdet ihr das doch wohl auch können!“

 

Termin, Informationen, Artikel und Kontaktdaten finden Sie auf meiner Webseite unter

www.angehörigenblog.de

Publikationen:

„Aufopfern ist keine Lösung – Mut zu Gelassenheit für Eltern psychisch erkrankter Kinder und Erwachsener“, Kösel 2015

„Moderation von Selbsthilfegruppen – ein Leitfaden“, Psychiatrie-Verlag 2016

„Schizophrenie ist scheiße, Mama“ – Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter, Fischer Verlag 2013

 

Hilfreiche Literatur:

Berg-Peer, Janine: Aufopfern ist keine Lösung – Mut zu mehr Gelassenheit für Eltern psychisch erkrankter Kinder und Erwachsener, 2015

Bock, Thomas, Umgang mit psychotischen Patienten (und weitere Bücher), 2013

Rosen, Laura Epstein, Amador, Xavier: Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist, 2002

Amador, Xavier F.: Lass mich – mir fehlt nichts. Ins Gespräch kommen mit psychisch Kranken

 

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Autor/in Janine Berg-Peer

Janine Berg-Peer, M.A. Autorin, Bloggerin, Coach, 73 Jahre, 4 Kinder, 3 Enkelkinder und bald 1 Urenkelkind. Seit 60 Jahren Angehörige: Tochter einer psychisch erkrankten Mutter, Mutter einer bipolar erkrankten Tochter. Nach langen Berufsjahren als Beraterin bietet sie jetzt Coaching für Angehörige an, die in schwierigen Situationen nicht weiter wissen. Sie engagiert sich durch Bücher, Vorträge, Blogs und Webinare für Angehörige von psychisch Erkrankten. Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V. bipolaris – berlin-brandenburg e.V. exPEERienced E.V.

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10 Kommentare Kommentieren
  1. Gerhard Evers am 14. Februar 2018 um 11:48

    Sehr gute Gedanken und Empfehlungen.
    Interessant fand ich, dass im Text immer vom „Kind“ gesprochen wird, auch , wenn einmal betont wird, „Ihr Kind ist trotz Erkrankung eine erwachsener Mensch“. Irgendwie fühlt es sich vom Verstand her wie ein Widerspruch an, der aber gefühlsmässig keiner ist.

    Der Absatz am Ende des Artikels: Keine Angst vor Krisen.
    Da habe ich bei mir gemerkt, dass ich das irgendwie als Widerspruch zu dem empfinde, was im Artikel vorher gesagt wurde.
    Ist es nicht eine wichtige Selbstständigkeit, Verantwortlichkeit und Aufgabe des „Kindes“ ( wenn es erwachsen ist und nicht in einer akuter Phase ist) mit seinen Therapeuten und seiner Umgebung selbst einen Krisenplan zu entwickeln? Und über diesen Krisenplan mit Menschen zu sprechen und sie um Unterstützung zu bitten, wenn der Fall eintritt? Zu bitten, dass andere sie aufmerksam machen, wenn sie erkennen, das eine Krise bevorsteht, sie bitten andere zu verständigen, wenn die Krise akut wird etc. und eventuell auch Vollmachten zu geben? Warum sollte das die Aufgabe der Eltern sein?
    Ich finde auch die Abschluss-Satz der Tochter, der sich sehr aufrichtig gemeint ist schwierig. Aber vielleicht liegt es auch daran, das er etwas auslöst, was ich nur schwer akzeptieren kann.
    Nämlich, dass jemand der erkrankt ist, eine innere Haltung entwickelt, dass , wenn er leidet, sich die anderen nicht so anstellen sollen, sondern sich ebenfalls verändern müssen, auch, wenn dies sie vor enorme und schmerzhafte Herausforderungen stellt. Ich denke, genau wie wir nicht von einem Erkrankten verlangen können sich zu ändern, hat er im Umkehrschluss auch kein Recht genau dieses von seiner Umgebung zu verlangen, nur weil er bereit ist sich zu ändern. Die Entscheidung sich zu ändern bleibt bei jedem selbst, ob krank oder gesund.

    Antworten
    • Manuela am 2. Dezember 2021 um 12:41

      Hallo Gerhard,
      mein Sohn, 22 Jahre alt, befindet sich gerade in dieser schweren Coronalage in der Psychatrie. Wir sehen und hören uns gerade nicht. Das kostest sehr viel Kraft und Nerven einer Mutter. Aber was für mich beeindruckend war nach einem gemeinsamen Spaziergang im Klinikgelände, er sagte zu mir, Mama du schaffst das schon. Er sprach mir Mut zu während dessen er eigentlich der Jenige ist der den Mut braucht. Daran sehe ich nun doch, dass ich oftmals übervorsorglich bin. Nur dieser eine Satz hat etwas in mir ausgelöst, was mir etwas hilft mich eigentlich selbst zu kontrollieren und 2 Schritte zurückzutreten. Kinder sind Erwachsener wie wir denken.

      Antworten
    • Sylvi am 16. März 2023 um 14:25

      Wir leben im Jahr 2023. Seit über 10 Jahren haben wir eine Triage in den Psychiatrischen Kliniken, Praxen etc..
      NUR wer sich als psychisch Erkrankter einer unterstützenden Familie (Eltern, Partner, Kinder ..) sicher sein kann, „überlebt“ in dieser Gesellschaft. Es gibt keine Therapeuten, Betreuer, Krisenmanager. In all den Berufen, in denen sich Menschen um Menschen kümmern müssten tut sich seit Jahren eine immer größere Kluft auf. Die psychiatrischen Kliniken haben Wartezeiten von 6 bis über 12 Monate, ein Therapieplatz beim Psychotherapeuten ist ein 6-er im Lotto (außer privatwirtschaftlich), Betreuer betreuen zu viele Klienten (damit das Geld zum leben reicht), Hilfen auf Sozial,-, Arbeitsämtern gibt es nicht.
      Eine Krise kommt nicht von Montag bis Freitag von 10 – 16 Uhr sondern ungeplant. Samstag Abend ist niemand mehr da, der den Krisengeplagten auffängt. Es hört sich alles so fortgeschritten an, wie SOS Notrufnummer, Vereine, Apps, Internethilfen u. a.
      Jedoch gibt es in der Praxis keine genesungsorientierten Projekte oder Angebote direkt für den Betroffenen und schon gar nicht für Angehörige. Es sichert glatt das Überleben, wenn es da eine Mama, einen Papa, Partner/ in, Freund/in u. a. gibt!
      Fazit: Deshalb sollte es die Aufgabe der Eltern sein!

      Antworten
  2. Janine Berg-Peer am 21. März 2018 um 10:58

    Lieber Herr Evers, vielen Dank, dass Sie den Artikel kritisch durchgelesen haben und sich die Mühe gemacht haben, dazu Ihre Einschätzung zu schreiben. Ich möchte Ihnen kurz dazu antworten:
    Es stimmt, ich rede immer von Kindern, das legt man nicht einfach ab. Meine Kinder, die bereits über 50 sind, machen sich auch manchmal über mich lustig.
    Selbstverständlich macht das Kind (!) den Krisenplan selbst mit Betreuern oder Therapeuten, aber ich bin der Meinung, dass es den Angehörigen und den Betroffenen hilft, wenn wir Angehörigen darüber informiert sind. Wir wollen schließlich in einer Krisensituation das tun, was der Betroffene sich wünscht. Aber in meinem Buch habe ich zusätzlich beschrieben, dass auch wir Angehörigen einen Krisenplan für uns machen sollten und den natürlich dann mit dem Betroffenen abstimmen. Ein solcher Plan kann helfen, die eigen Angst zu verringern und in einer Krise dann planvoll zu reagieren.

    Was sich mir nicht erschließt, ist Ihre anschließende Bemerkung. Weder meine Tochter noch ich sind der Meinung, dass Angehörige sich nicht „so anstellen“ sollten. Eine Mutter oder ein Vater, die extreme Angst haben, stellen sich nicht an, sondern haben sehr nachvollziehbare Gefühle. Ich bin aber der Meinung, dass nicht nur unsere Kinder oder Lebenspartner sich verändern müssen, um mit ihrer Krankheit und ihrem Leben umgehen zu können, sondern dass wir Angehörigen das auch tun sollten – vorausgesetzt, wir wollen nicht permanent leiden, sondern unser Kind angemessen unterstützen und auch unser eigenes Leben gut leben können.
    Aber das muss jeder Angehörige selbst entscheiden: Wer ein Leben lang leiden und mit seinem Schicksal hadern möchte, hat jedes Recht, das zu tun.
    In meinem Buch und in diesem Artikel richte ich mich an Angehörige, die trotz der Erkrankung ein gutes Leben führen wollen. Und es ist eine gute Nachricht, dass wir nicht Opfer dieser Erkrankung bleiben müssen, sondern dass wir selbst etwas tun können.
    Das ist übrigens das Thema jeder Psychotherapie: Wie kann ich lernen, mit schwierigen Situationen in meinem Leben besser umzugehen und ein gutes Leben zu führen? Dazu gehört es eben auch, dass wir selbst an uns arbeiten und Verhaltensweisen ablegen oder verändern, die uns daran hindern, in unserem Leben froh zu sein. Wenn wir unglücklich sind, dann liegt das eben nicht immer nur an den widrigen Lebensumständen oder anderen Menschen, es liegt auch an uns selbst.
    Ihnen herzliche Grüße und alles Gute,
    Janine Berg-Peer

    Antworten
  3. Emmi am 27. April 2018 um 15:01

    Mich würde interessieren, wie dergleichen festgestellt wird. Geht man zum Hausarzt und lässt sich dann dort beraten? Neulich habe ich einen Podcast gehört, in dem ein Vater darüber berichtete, wie er mit seinem Autistischen Sohn zu Fußballspielen fährt, als Teil der Therapie. Vielleicht ist es einfach Umgangssache.

    Antworten
  4. ilka mastrandreou am 11. November 2018 um 10:06

    Unsere Tochter ist in ihrer Pubertaet erkrankt. Mittlerweile ist sie 35 Jahre alt und hat einen Sohn der 11 Jahre alt ist. Seit 16 Jahren ist sie in psychatrischer Behandlung und unser Leben ist immer noch nicht im normalen Bereich. Durch die Scheidung, Sorgerechtsverhandlungen ( sie hat das Sorgerecht fuer ihren Sohn bekommen) und taegliche Umstaende leben wir in tagtaeglicher Anspannung. Alles was Sie schreiben und beschreiben haben wir erlebt, erleben wir taeglich. Fuer mich ist schon lange klar, dass ich mich so verhalten muss, um mich selbst zu schuetzen, da sich bei mir ( bin jetzt 60 Jahre alt ) diverse Krankheiten einstellen. Die Sorgen kann man aber nicht so einfach per Knopfdruck abschalten. Ein Prozess der Umwandlung ist langwierig, zumal es keine Hilfestellung fuer Angehoerige gibt. Wir leben in Griechenland auf einer kleinen griechischen Insel. Das soziale Umfeld kennt schneller die Problematik, als man denkt und kommt somit als Angstfaktor dazu. Eine Behandlung ist nur im oeffentlichen Krankenhaus moeglich, weil es keine anderen finanziellen Moeglichkeiten fuer uns gibt. Eine private Therapiestunde kostet ueber 50,– Euro zzgl. der Fahrtkosten die ebenso viel kosten. Und das bei einem Grunderwerb von 550,– monatlich. Private Hilfe ist also nicht finanzierbar. Wir bestreiten saemtliche Lebenserhaltungskosten unserer Tochter, angefangen bei Miete, Telefon, Strom, Heizung und Wasser, Kleidung fuer beide. Warum ? Der Vater zahlt nur laut Gerichtsbeschluss 170,– Euro im Monat. Arbeit gibt es fuer sie unsere Tochter, nur saisonell. Durch ihre psychische Stoerung ist das Arbeitsangebot in den letzten Jahren geschrumpft. Und wenn das Kind nicht fuer mindestens 3 Tage pro Woche dort ist, sind wir staendigen Bedrohungen seitns des Vaters ausgesetzt. Vor 2 Tagen hat er es geschafft, mit Hilfe der Polizei und der Hafenpolizei, unsere Tochter mit ihrem Sohn von der Faehre zu holen. Sie befand sich auf dem Weg, zu einem Besuch auf dem Festland, um einen Arzt zu konsultieren. Wir haben dann alle 2 Stunden auf dem Hafenamt zugebracht und bei der Polizei. Letztendlich konnte sie mit dem Kind aufs Festland fahren. Der Vater des Kindes fuhr ihr mit seinem Motorrad nach und ueberwachte den Vorgang. Vorher jedoch rief er und an und bedrohte uns : wenn sein Sohn nicht am Abend wieder zurueck auf der Insel waere, wuerde er uns im Schlaf abschlachten.
    Ja, der Kindsvater ist ebenfalls durch Drogenkonsum psychisch erkrankt und zu vielem faehig. Das ist auch ueberall bekannt. Und doch gibt es keine Hilfe. Manchmal denke ich, alles ist nur ein boeser Traum. Doch dann wird man mit der naechsten Phase, der schweren Depression konfrontiert. Telefonanruf, die Tochter weint, leidet, bittet um Verstaendnis, Liebe , Umarmung und Hilfe. Ganz allein auf der Welt, alle Menschen haben sich abgewandt. Kontakte gibt es nur in der einschlaegigen Szene, mit der sie nun wirklich nichts mehr zu tun haben moechte.
    Wir versuchen dann wieder Abstand zu bekommen, uns nicht einwickeln lassen, doch wir wissen ja unser Enkelkind ist bei seinem Vater und so richtig gelingt es uns nicht die Anspannung abzuwerfen.
    Ich wuensche mir Veraenderung, Hilfe von aussen, aber wir haben weder die finanziellen Mittel noch die Kontakte, um unsere Tochter in eine adaequate Therapie zu bringen. Koennte ich mit einem Blog das dazu noetige Geld verdienen, denn unsere Krankenversicherung hier in Griechenland uebernimmt nur die staatliche Hilfe im Krankenhaus, in der psychatrischen Abteilung. Dort wechseln die Aerzte alle 2 Jahre und auch die Medikamente werden immer wieder neu eingestellt. Oft schlagen sie ueberhaupt nicht an. Es ist ein staendiges auf und ab. Es gibt auch keine direkten Ansprechpartner. Eine Odyssee im Lande von Odysseus.
    Nun habe ich Sie hier im Internet gefunden und bitte Sie um einen Rat. Mittlerweile habe ich kein Problem mehr, unsere traurige und staendig wechselnde Geschichte zu veroeffentlichen. Anfangs war die Scham gross, doch jetzt ueberwiegt die Verzweiflung. Die ganzen letzten Jahre liegen uns unverarbeitet auf dem Herzen und lassen dieses Leiden, mit der Gewissheit, dass es schlechter wird, wenn uns etwas passieren, also zustossen sollte groesser werden.
    Vielen Dank fuer das Lesen.

    Antworten
  5. M. Scheffler am 19. März 2021 um 7:40

    Ich glaube auch, dass die Einstellung zur Krankheit wichtig ist. Das ist insbesondere ein Lernprozess für das Umfeld. Unser Sohn hat eine Aufmerksamkeitsstörung gepaart mit Lese- und Rechenschwäche. Er benötigt in der Schule eine persönliche Assistenz. Er ist dennoch ein kluger Kerl. Wir machen uns natürlich schon Gedanken, wie sein berufliches Leben aussehen könnte. https://www.assistenz24.at/leistungen/persoenliche-assistenz/

    Antworten
    • Janine Berg-Peer am 19. März 2021 um 10:04

      Da haben Sie sicher Recht, es ist auch für uns Angehörige ein Lernprozess. Es bleibt schwer, sowohl für Ihren Sohn, als auch für Sie. Aber eine weniger Angstbesetzte und von Sorgen geprägte Einstellung ist in jedem Fall hilfreich. Ihnen und Ihrem Sohn alles Gute. Herzliche Grüße, Janine Berg-Peer

      Antworten
      • Janine Berg-Peer am 1. April 2021 um 12:25

        ganz herzlichen Dank!

        Antworten
  6. Peter Buschman am 31. März 2021 um 8:02

    Mein Freund hat einen Sohn, der vor kurzen einen Psychischen Kollaps hatte und jetzt eine Behandlung braucht. Es ist gut zu wissen, dass es helfen kann, wenn man die Realität anerkennt das dieses Kind nun evtl. nicht mehr so sein wird wie es mal war. Ich hoffe das sie einen guten Kinderpsychologen finden können, der ihnen hilft.

    Antworten

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